Zeitschrift 
Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
Seite
82
Einzelbild herunterladen

gebnis im MZT nachweisen; auch die Be­ziehung Intelligenz und grobmotorische Leistungen ist nur gering, lediglich bei der Aufgabe Vorwärtsbeugen läßt sich ein signifikanter Zusammenhang bele­gen. Die multiple Korrelation zwischen dem IQ und den erhobenen sportlichen Leistungen beträgt R=.71 und ist eben­falls nicht bedeutsam(p=.25).

Diskussion

Erwartungsgemäß verbessern sich die Sonderschüler in ihren motorischen Lei­stungen im Untersuchungszeitraum, al­lerdings sind die Steigerungen beim Sit up, beim Vorwärtsbeugen und auch bei der feinmotorischen Leistung der rech­ten und der linken Hand nicht signifi­kant. Hierbei sollte jedoch beachtet wer­den, daß nur eine relativ geringe Zahl der Sonderschüler an allen drei Untersu­chungen teilnahm. Bei Grundschülern konnten in den ersten beiden Schuljah­ren mit den gleichen Testverfahren nur beim Vorwärtsbeugen keine bedeutsa­men Veränderungen nachgewiesen wer­den(Krombholz 1988).

Zwar können wir aufgrund der Anlage der Untersuchung nicht überprüfen, ob die wiederholte Durchführung der ver­wendeten Testverfahren eine Steigerung der Leistungsfähigkeit bewirkt; allerdings dürfte ein derartiger Effekt falls er überhaupt auftritt aufgrund der Länge des Zeitintervalls zwischen den Erhe­bungszeitpunkten zu vernachlässigen sein.

In Übereinstimmung mit vorliegenden Untersuchungen zeigen unsere Ergebnis­se, daß Sonderschüler nicht nur hinsicht­lich ihrer kognitiven Leistungen, son­dern auch hinsichtlich ihrer motorischen Leistungen Grundschülern deutlich un­terlegen sind. Sonderschüler erreichen in allen überprüften motorischen Leistun­gen mit Ausnahme der Handkraft geringere Werte als Grundschüler, ob­wohl diese etwa 1.5 Jahre jünger sind. Berücksichtigt man diesen Altersunter­schied und vergleicht die Sonderschüler mit gleichaltrigen Grundschülern, so fal­

82

H. Krombholz- Motorische Leistungen bei Sonderschülern

len die Unterschiede natürlich noch deutlicher aus. Auch Rarick 1973, Sin­ger 1980 und Sugden& Wann 1987 be­richten von schlechteren motorischen Leistungen lernbehinderter Kinder. Zu­dem ist die Leistungsentwicklung in den grobmotorischen Tests bei den Sonder­schülern gegenüber der bei Grundschü­lern verlangsamt; hierauf deutet die sig­nifikante Wechselwirkung zwischen Schulart und Meßwiederholung in der multivariaten Varianzanalyse hin(vgl. Tabelle 7).

Wegen des höheren Alters sind die Son­derschüler zwar größer und schwerer als die Grundschüler derselben Klassenstu­fe, erreichen allerdings keineswegs alters­gemäße Werte. Auch dieser Befund ist aufgrund der in der Literatur vorliegen­den Angaben keineswegs überraschend. Die Gründe für die schlechteren motori­schen Leistungen der Sonderschüler sind unklar. Als Ursachen können sowohl die verlangsamte körperliche Reifung als auch ungünstigere Übungs- und Lernge­legenheiten vermutet werden. Die ver­langsamte motorische Entwicklung kann jedoch auch als Folge der geringeren gei­stigen Leistungsfähigkeit aufgefaßt wer­den, durch die die motorischen Lernpro­zesse erschwert werden(vgl. Rarick 1973, 252). Ebenfalls ist nicht auszu­schließen, daß sich unter Sonderschülern ein relativ hoher Prozentsatz von Kin­dern mit neurologischen oder zerebralen Störungen befindet(vgl. Wiegersma 1981, 38). Auffallend war das Verhalten zumindest einiger der Sonderschüler in der Testsituation; sie gingen mit offen­sichtlichen Mißerfolgserwartungen und geringer Anstrengungsbereitschaft andie motorischen Aufgaben heran. Auch die­ses Verhalten ist mit Sicherheit am schlechteren Abschneiden dieser Gruppe beteiligt. Allerdings müßte eingehend analysiert werden, worauf diese Haltung zurückgeführt werden kann.

Bei Sonderschülern korrelieren die sport­lichen Leistungen bedeutsam mit der Konzentrationsleistung, dagegen sind die Zusammenhänge zwischen sportli­chen Leistungen und der Intelligenz nur gering. Bei Grundschülern fanden sich dagegen nur unbedeutende Zusammen­hänge zwischen sportlichen Leistungen

und der Konzentration, die Zusammen­hänge zwischen sportlichen Leistungen und der Intelligenz waren allerdings ebenfalls nur gering(Krombholz 1988). Auch andere Autoren berichten von eher geringen Beziehungen zwischen In­telligenz und motorischen Leistungen bei behinderten Kindern(z.B. Rarick, Widdop& Broadhead 1970, 516; Schil­ling 1973, 185191). Woschkind 1967 fand dagegen bei 10jährigen Hilfsschü­lern einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen Intelligenz und motorischen Leistungen(r=.42). Bei entwicklungs­verzögerten Kindern(educable retarded children) im Alter von 8, 9 und 10 Jah­ren betrug die maximale Korrelation zwischen Intelligenz und den Leistungen in verschiedenen Sporttests=.43, die meisten der ermittelten Koeffizienten waren jedoch erheblich geringer(Rarick, Widdop& Broadhead 1970, 185191). Allerdings zeigen sich nach Schilling 1973 Hinweise, wonach dieser Zusam­menhang bei Gruppen mit geringer In­telligenz und bei hirngeschädigten Kin­dern stärker ist.

Im Widerspruch zu vorliegenden Hypo­thesen über einen engen Zusammenhang zwischen Motorik und Körperschema (d.h. dem Wissen oder der Vorstellung vom eigenen Körper und den funktio­nellen Zusammenhängen der Körperteile, vgl. z.B. Wiegersma 1972, Frostig 1973), konnten wir keine bedeutsamen Korre­lationen zwischen den Leistungen im MZT, der nach einer Methode ausgewertet wurde, die das Körperschema erfassen soll, und den Leistungen in den Moto­riktests nachweisen. Dies entspricht den Befunden bei Grundschülern(Kromb­holz 1988, 1989). Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß dieses Er­gebnis allein darauf zurückzuführen ist, daß mit dem von uns verwendeten Ver­fahren das Konstrukt Körperschema nicht angemessen erfaßt werden kann; ähnliche Schlußfolgerungen legen die Ergebnisse von Maloney& Payne 1969 nahe.

Die Ergebnisse unserer Untersuchung weisen nachdrücklich auf die Notwen­digkeit hin, der motorischen oder sport­lichen Leistung von Sonderschülern be­sondere Beachtung zu schenken. Ein

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XV, Heft 2, 1989