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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Friedrich Masendorf et al.+ Notengebung an einer Sonderschule für Lernbehinderte

ihn somit zu weiteren Anstrengungen er­mutigen.

Methode

28 Schüler und Schülerinnen einer Son­derschule für Lernbehinderte wurden nach einem Rechenvortest in zwei lei­stungsgleiche Gruppen(Versuchs- und Kontrollgruppe) aufgeteilt(Altersstreu­ung 11 bis 15 Jahre). Der Rechenvortest bestand aus 15 schriftlichen Multiplika­tionsaufgaben, basierend auf vier Schwie­rigkeitsstufen. Im späteren Nachtest wur­den 20 parallele Aufgaben(d.h. Aufga­ben gleicher Schwierigkeit) verwandt, um einem etwaigen Deckeneffekt entge­genzuwirken. Beim Vor- und Nachtest handelte es sich um Papier-Bleistift-Auf­gaben.

In das hier benutzte Zensierungsmodell Klauers(1987), das unverfälscht nur die Leistungsänderung zwischen Vor- und Nachtest als Note wiedergibt, geht die Voraussetzung ein, daß eine präzise def­nierte Grundmenge von Aufgaben er­zeugt werden muß, die auf den Vor- und Nachtest nach dem Zufall verteilt wird. Jeder Schüler erhält dann sowohl im Vor- als auch im Nachtest alle Aufgaben zur Bearbeitung. Dabei soll jede Aufga­be für einen individuellen Schüler gleich schwer sein.

Mit einem Computerprogramm zur ipsa­tiven Veränderungsmessung und Beno­tung läßt sich der zufallskritische Wert z und die ipsative Note ausrechnen, wenn man folgende Werte eingibt:

1. Anzahl der gelösten Aufgaben im Vortest,

2. Anzahl der dargebotenen Aufgaben im Vortest,

3. Anzahl der gelösten Aufgaben im Nachtest,

4. Anzahl der dargebotenen Aufgaben im Nachtest.

Die 14 Schüler der Versuchsgruppe er­hielten das Computertraining(Multipli­kationstrainer) während eines Zeitraums von einem Monat. Die Einzelförderung jedes Schülers bestand aus 30 bis 35 Trai­ningssitzungen, jede Einzelsitzung dau­

erte 15 Minuten. Mit dem Computerpro­grammMultiplikationstrainer, das von Burkhard Roeder für den Apple Ile geschrieben wurde, können die Schüler sowohl den Multiplikationsalgorithmus als auch 1 x 1-Reihen üben. Es ist ein Trainings- und kein Erstlernprogramm. Alle Möglichkeiten und Arbeitweisen des Programms können an dieser Stelle nicht mitgeteilt werden. Weitere Infor­mationen sind bei den Autoren erhält­lich.

Neben einer umfangreichen Lernstati­stik enthält es folgende wesentliche Merkmale:

in seinen Erklärungen nimmt es auf Leseschwierigkeiten Rücksicht;

die Aufgaben werden nacheinander dargeboten;

es werden methodische Hilfen in op­tischer Form für den Multiplikations­algorithmus angeboten;

der Schülern kann die Geschwindig­keit des Programmablaufs selbst be­stimmen;

der Schüler bekommt sofortige Rück­meldung bezüglich seiner Lösung;

es werden nur richtige Lösungen auf dem Monitor zugelassen;

der Schüler erhält rechnerische Hilfen bei viermaligem Falschantworten in Folge;

der Schüler wird nicht durch Farbe/ Farbwechsel, graphische Szenen oder Töne/Tonfolgen vom Wesentlichen abgelenkt;

vier verschiedene Schwierigkeitsstu­fen werden als Trainingsmittel indivi­duell eingesetzt;

der Schüler wird nicht vor unlösbare Aufgaben gestellt;

die Lernstatistik unterscheidet nach möglichen Fehlerarten, die sie rück­meldet.

Auswertung und Ergebnisse

Gemäß den Fragestellungen werden die Ergebnisse des Tranings sowohl unter dem Gesichtspunkt seines globalen Lern­erfolges(Versuchs-Kontrollgruppenver­gleich) als auch aus der Sicht des indivi­duellen Lernzuwachses zwischen Vor­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XV, Heft 2, 1989

und Nachtestergebnis des einzelnen Schülers betrachtet. Nach dem ipsativen Zensierungsmodell sensu Klauer(1987) bekommt jeder Schüler aus der Versuchs­und Kontrollgruppe eine Note, die sich ausschließlich auf den Leistungszuwachs zwischen Vor- und Nachtestwert bezieht. Zur Feststellung des globalen Lernffek­tes, des Leistungszuwachses ausschließ­lich aufgrund des Computertrainings, wird das international sehr gebräuchli­che Effektstärkemaß(ES) von Glass(zi­tiert bei Fricke und Treinies 1985) ver­wendet.

XvG XKG Skc

ES=

Die Versuchs-Kontrollgruppendifferenz der Mittelwerte wird auf die Streuung der Kontrollgruppe relativiert. In unse­rem Fall ergibt sich eine Effektstärke von 0.98, also ein Gewinn von fast einer Streuungseinheit zugunsten der Ver­suchsgruppe. Der globale Zugewinn in dieser Größenordnung ist ungewöhnlich hoch.

Als Rückmelde- und Verbesserungsinfor­mation für den einzelnen Schüler wer­den nach dem ipsativen Zensierungsmo­dell von Klauer(1987) die Noten errech­net(siehe Tab. 1).

pP Note= 3 Sa: dt ER=3-V Pe Pe+ Pe Ic Nx Ny In obiger Formel ist Xit.Yy =1- d ZZ m Ic Pc Und pc N,+ N,

Diese Formel setzt die Differenz der bei­den Lösungswahrscheinlichkeiten im Nach- und Vortest py und px in Bezie­hung zur Standardabweichung solcher Differenzen(siehe Nenner dieser For­mel). Dadurch entsteht ein z-Wert(Stan­dardnormalvariable), der von der defini­tionsgemäß mittleren Schulnote 3 abge­zogen wird. Da Schulnoten wie z-Werte eine Standardabweichung von 1 haben, entsteht somit eine Schulzensur, die die

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