Friedrich Masendorf et al.+ Notengebung an einer Sonderschule für Lernbehinderte
Tabelle 1: Ergebnistabelle zum Versuchs-Kontrollgruppenvergleich hinsichtlich der Effektstärke und der ipsativen Noten
Computergruppe(Versuchsgruppe)
0 6
ob
10 14 19 0,88 0,95 0,2 11 6 19 0,38 0,95"3,36
1 0,0 0,3 1,95: 1,0 2 0 6 0,0 0,3 1,95 1,0 3 2 13 0,13 0,65 2,84 0,2 4 1 12 0,06 0,55 2,73... 0,2 S 11 19 0,69 0,95 1,65 1,4 6 1 16 0,06 0,80 4,07 0,00 7 0 3 0,00 0,15 1,01 2,0 8 10 16 0,63 0,80 0,79 2,2 9 10 12 0,63 0,60-0,5 3
2
0
1
4
3
Legende:
Differenz der Lösungswahrscheinlichkeiten zwischen Nach- und Vortest berücksichtigt. Die Formel berücksichtigt gleichzeitig die unterschiedlichen Testlängen von Vor- und Nachtest.
Die Note 3 bedeutet keine relative Veränderung zwischen Vor- und Nachtest. Eine bessere Note als 3 ergibt sich, wenn der Schüler einen prozentualen Zuwachs richtiger Lösungen im Nachtest hat, und eine schlechtere Note als er erhalten wir, wenn der Schüler im Nachtest einen geringeren Prozentsatz richtiger Lösungen als im Vortest hat. So bedeuten die Verbesserungen von Schüler Nr. 6 und Schüler Nr. 11 in der Versuchsgruppe die Note 0, die Verschlechterungen von Schüler Nr. 27 und Nr. 28 in der Kontrollgruppe eine 4,5 bzw. 5,4.
Um die Eignung des Lehrprogramms für nahezu alle Schüler der Versuchsgruppe nachzuweisen, werden die 28 Noten aus Tabelle 1 in Form einer Vierfeldertafel wiedergegeben(siehe Tabelle 2).
Bei einem sehr signifikanten x? von 9.14 wird die Gleichverteilungshypothese verworfen. Es resultieren nur 2x3= 6 „Fehlklassifikationen‘. Die Verwendung der einfachen Differenz NachtestVortest als Sekundärrohwert verbietet sich wegen des Regressionseffektes(vgl. Lienert 1969, 247ff.; Huber 1973, 127 ff.; Roeder 1980).
86
LIE EKELABUGRSRA
Kontrollgruppe
pP
15. 0 0 0 0 0 3 16 1 1 0,06 0,05-0,89 3,9 177 0 0 0 0 0 3 18 1 4 0,06 0,20— 0,7. 2,3 19-0 0 0 0 0 3 20 0 0 0 0 0 3 21 10 13 0,63 0,65-0,19 3,2 22 14 19 0,88 0,95: 02"2,8 23 4 6 0,25 0,30-0,04 3,0 24 6 4 0,38 0,2-1.54 4,5 25 0 0 0 0 0-3 26 11 17 27.11 10
8
X= Vortest; Px= relativer Lösungsanteil(Vortest); z= zufallskritischer Wert; Y= Nachtest; Py= relativer Lösungsanteil(Nachtest); SN= ipsative Schulnote
Tabelle 2: Häufigkeitsverteilung von guten und schlechten Noten nach Versuchs-Kontrollgruppenzugehörigkeit
Note Note besser als 3| 3 und schlechter
Diskussion
Für den pädagogisch anspruchsvollen Lehrer, der auch seine leistungsschwachen Schüler motivieren und fördern möchte, bleiben Notenaussagen nach der kriterialen bzw. curriculumorientierten Bezugsnorm oder gar nach der sozialen Bezugsnorm pädagogisch unzureichend. Die schwachen Schüler haben dadurch kaum eine Chance, ihre relativ niedrige Rangposition und somit ihre schlechten Noten zu verbessern. Können demgegenüber Unterrichtsmaßnahmen als effektiv für alle Schüler— auch und gerade für die schwächeren— ausgewiesen werden, dann lassen sich Zuwachsraten ermitteln, die als Grundlage für ipsative Noten herangezogen werden können.
Unser computergestütztes Trainingspro
gramm„Schriftliches Multiplizieren“ erbrachte eine Effektstärke(einen Gewinnzuwachs) von fast einer Streuungseinheit. Eine Effektstärke in dieser Größenordnung kann als Eignungsnachweis des Lehrprogrammes für nahezu alle Schüler herausgestellt werden(Ausnahme Schüler Nr. 9, 13 und 14). Die Häufigkeitsverteilung von guten und schlechten Noten nach der Versuchs-Kontrollgruppenzugehörigkeit weist insgesamt nur 6 „Fehlklassifikationen“* von insgesamt 28 Schülern aus.
Das hier angewandte ipsative Zensierungsmodell Klauers(1987) berücksichtigt nur das, was eigentlich pädagogisch interessant ist, nämlich das Ausmaß der Veränderung des einzelnen Schülers aufgrund einer früheren Leistungsprobe (Vortest). Liegt keine Veränderung vor, resultiert die Note„befriedigend“. Wir erkennen in Tabelle 1, daß 11 von 14 Schülern der Versuchsgruppe eine deutlich bessere Note als„befriedigend‘‘ bekommen, 7 Schüler sind sogar besser als „gut‘. In der Kontrollgruppe befinden sich demgegenüber nur 3 Schüler mit knapp guten Noten.
Die hier berichteten Trainingserfolge wurden mit 40 Trainingssitzungen ä 10 bis 15 Minuten pro Schüler erreicht. Wahrscheinlich lassen sich die Lernergebnisse durch mehr Trainingssitzungen noch steigern. Nun entsprechen die individuelle Bezugsnorm und die ipsative Notengebung nicht der gültigen Rechtslage und Benotungspraxis. Aber das, was rechtlich gültig ist, muß nicht immer pädagogisch und schon gar nicht sonderpädagogisch wertvoll sein.
Schulnoten, die aus verschiedenen Benotungsmodellen stammen, sind untereinander nicht vergleichbar. So würde der „Klassenprimus‘* nach dem ipsativen Modell die Note 3 bekommen, wenn er seinen Ohnehin hohen Leistungsstand nicht noch verbessert hat.
Sollte man nun von den Lehrern verlangen, wenn sie Schulnoten in die Zeugnisse eintragen, das Modell mit anzugeben, aus welchem diese Schulnoten stammen, weil sie sonst bedeutungslos sind? Wir sind nicht dafür, wollen aber mit dieser pervertierten Frage die derzeitige Erlaßlage zur Notengebung kritisieren.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XV, Heft 2, 1989
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