Sprachliche und symbolische Fähigkeiten bei zwei Down-Syndrom-Kindern in drei verschiedenen Spielsituationen
Von Michaela Mayr und Harold H. Chipman*
Die folgende Fallbeschreibung untersucht Sprache und Spielaktivitäten bei zwei geistigbehinderten Kindern mit Down-Syndrom. Ihr chronologisches Alter betrug 4,6 und 6,5 Jahre, ihr Entwicklungsalter lag zwischen zwei und drei Jahren, Das linguistische Niveau des jüngeren Kindes entsprach dem Stadium der Einwortäußerungen, das ältere Kind verwendete schon Zweiwortäußerungen. Drei Spielsituationen, mit der Erzieherin der Kinder als deren Interaktionspartner, wurden in der vertrauten Umgebung mit einer Videokamera gefilmt. Aus jeder Spielsituation wurden je zehn Minuten protokolliert; sowohl die Spielhandlungen als auch die sprachlichen Äußerungen wurden analysiert. Die Diskussion betrifft die Wirkung unterschiedlicher Spielsets auf Sprache und Spiel der Kinder. Es wird ein Zusammenhang zwischen der Art der Spielobjekte, symbolischem Spiel, den sprachlichen Produktionen und der kommunikativen Kompetenz vermutet. Die Implikationen einer solchen Hypothese für Sonderpädagogik und Sprachtherapie werden aufgezeigt.
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The following case-study investigates the language and play activities of two severely mentally retarded Down syndrome children. Their chronological ages were 4,6 and 6,5 years, their mental age between 2 and 3 years, and their linguistic level at the one and two-word stage respectively. Three sessions were videotaped in the familiar classroom setting, and the special education teacher acted as play partner. One ten-minute sequence from each session was then protocolled in detail, and both the play activities as well as the language productions were analysed. The discussion focusses on the effect of the different sets of toys on both language and symbolic play. A relationship between toy, symbolic play, language and communicative competence is suggested. The implications of this for special education and language therapy are outlined and discussed.
Einführung
Nach Piaget(1969) basieren sprachliche Fähigkeiten und symbolisches Spiel auf einer allgemeinen Symbolfunktion, die im Laufe des zweiten Lebensjahres erscheint. Diese Hypothese regte eine Reihe empirischer Studien an, die sich ent
* Zur Zeit dieser Untersuchung war Dr. Harold Chipman als Stipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung am Lehrstuhl für Sprachbehindertenpädagogik, Institut für Sonderpädagogik, Universität München. Der Stiftung sei für ihre Unterstützung gedankt. Des weiteren danken wir dem Wichern-Zentrum des Sozialen Beratungsdien
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weder einzeln mit Sprache oder symbolischem Spiel oder mit deren Zusammenhang beschäftigten(vgl. Inhelder et al. 1972; Bates et al. 1979; McCune-Nicolich 1982). Nur wenige dieser Studien setzten den Schwerpunkt auf situative Variablen, z.B. die Auswahl des Testmaterials(vgl. McLoyd 1983; Mann 1984),
stes e.V., Heilpädagogische Kindertagesstätte für geistigbehinderte und entwicklungsverzögerte Kinder, Tagesstättenleitung Frau H. Dexheimer, dem Psychologen Herrn E. Hausl und vor allem der Erzieherin Frau G. von Wagenhoff, die uns diese Forschung ermöglicht haben. Dr. F. Dannenbauer, Lehrstuhl für Sprachbehin
dessen Einfluß sich in diesen Untersuchungen jedoch als wichtiger Auslöser symbolischen und sprachlichen Verhaltens, zumindest bei den beobachteten normalen Kindern, erwiesen hat. Bezüglich geistiger Behinderung existieren solche Studien noch nicht. Aber gerade für die Praxis ist der situative Kontext,
dertenpädagogik, Universität München, war so freundlich, den Text kritisch durchzusehen. Frau M. Craig, Ed. M., Kinderforschungsabteilung, Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München, stellte die technischen Mittel bereit.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XV, Heft 2, 1989