Michaela Mayr& Harold H. Chipman- Sprachliche und symbolische Fähigkeiten bei zwei Down-Syndrom-Kindern
diese eine Handlung, die T. manchmal auch gleichzeitig sprachlich andeutet (z.B. sagt er„baden‘‘), ausführe. Es ist allerdings nicht klar, weshalb er seine offensichtlich vorhandene Vorstellung— in diesem Beispiel vom„Baden“— nicht selbst in die Tat umsetzt. Im Gegensatz zu T. werden von E. explorative Was-istdas-Fragen geäußert.
Die geringere Zahl symbolischer Handlungen bei beiden Kindern mit dem unkonventionellen Spielset deckt ein weiteres Problem auf. Da nämlich der konventionelle Hintergrund für den Beobachter fehlt, wird ohne verbale Erläuterung des Kindes symbolisches Spiel vielleicht nicht als solches erkannt, und somit häuft sich mit diesem Spielset die Anzahl der nicht eindeutig interpretierbaren Handlungen.
Aus der Analyse in Arbeitsschritt 3(Proportion wiederholte— neue Handlungsschemata) geht hervor, daß T’s Handlungsrepertoire kleiner ist und mehr Wiederholungen aufweist als das von E. Da jedoch in der vorliegenden Studie nicht mit Daten von unauffälligen Kindern verglichen wurde, können diese Werte nicht relativiert werden.
Die Analysen in Arbeitsschritt 4(Einordnung der symbolischen Handlungen) zeigen zunächst ein Ergebnis, das zu erwarten war. Bei beiden Kindern steht die Häufigkeit der Substitutionen nämlich in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zur streng definierten Funktion der Objekte, d.h. je weniger ein Objekt vorschlägt, desto eher kann es umgedeutet werden(vgl. McLoyd 1983). Daran zeigt sich deutlich, daß es von den Objekten abhängt, ob symbolisches Spiel Substitutionen enthält.
Auffallend dagegen ist E’s hohes Niveau des symbolischen Spiels. So war ihre Fähigkeit zu beobachten, zwei Objekte in einer Spielhandlung gleichzeitig umzudeuten(doppelte Transformation), was bei T. nicht zu beobachten war. Dies entspricht einer Studie von Fein(1975, zit. in Mann 1984), die feststellte, daß 2jährige unauffällige Kinder(vgl. T’s Entwicklungsalter) unfähig sind, doppelte Transformationen vorzunehmen. E’s Entwicklungsvorsprung gegenüber T. äußert sich neben der Häufigkeit symboli
scher Aktivitäten außerdem darin, daß sie einen großen Anteil ihrer symbolischen Handlungen in Sequenzen einbettete. Besonders ausgeprägt zeigt sich diese Fähigkeit mit dem unkonventionellen Spielset: Beim Spiel mit diesem Material bilden 82,6% ihrer Handlungen Teil einer Sequenz. Eine weitere Fähigkeit, die nur bei E. zu beobachten war, ist das Planen von Sequenzen. Das Kriterium ‚Planen‘, durch verbale Ankündigung oder zielgerichtete Materialsuche gekennzeichnet, ist bei T. nur in Bezug auf Einzelhandlungen beobachtbar.
Bei der Beobachtung des Kontextes (spontan, imitativ, angeregt) sticht hervor, daß beide Kinder nahezu keine imitativen Handlungen ausführten, was wahrscheinlich in dem Verhalten der Erzieherin begründet ist.
Die sprachlichen Äußerungen
E. ist sprachlich aktiver als T. Außerdem erwies sich die Unverständlichkeit eines
großen Anteils der Äußerungen bei T. als problematisch, was sich wahrscheinlich auch auf die Interpretation seiner Handlungen niederschlug(vgl. Tab. 2). Daher ist die sprachliche Datengrundlage für T. kleiner als für E.
Die MLU-Wert-Berechnung ergab, daß E. sich schon im Bereich der Zweiwortäußerungen bewegt(MLU 2.16), während T. noch im Stadium der Einwortäußerungen(MLU 1.07) steht. Bei beiden Kindern zeigt ein Blick auf die zwei gegensätzlichen Spielsituationen die gleiche Tendenz: Beim Spiel mit dem konventionellen Material liegt der MLU-Wert höher und die Anzahl unverständlicher Äußerungen ist niedriger als beim Spiel mit dem unkonventionellen(vgl. Tab. 2) Material. Allgemein dominieren bei beiden Kindern in allen Spielsituationen die kontextgebundenen Äußerungen gegenüber den kontextübergreifenden; E’s spontane Äußerungen weisen im Vergleich mit T. jedoch trotzdem noch eine höhere Proportion an kontextübergreifenden Äußerungen auf.
Tabelle 2: Sprachliche Parameter: Häufigkeit in absoluten Zahlen
Äußerungen gesamt E 61
T 38 davon unverständlich E 8
T 10 spontane kontextge- E 30 bundene Äußerungen
T 12 spontane kontextüber- E 14 greifende Äußerungen
T 5 Andere E 9
T 11 MLU E 2,26
T 111
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XV, Heft 2, 1989
3 Konventionelles| Halbkonventionelles| Unkonventionelles SE Spielset Spielset Spielset DM
83 65 50 33 16 15 18 11 32 26 21 18 27 10 6 3 8 14 S 1 2,29 1,89 1,09 1,00
95