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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Integration behinderter Schüler und Schülerinnen

in der Sekundarstufe I

Von Anne Hildeschmidt und Alfred Sander

Die gesetzlich verankerte Koedukation behinderter und nichtbehinderter Schüler in der Sekundarstufe I im Saar­land wird in einem Modellversuch mehrperspektivisch evaluiert. Ergebnisse zur Leistungs- und Selbstkon­zeptentwicklung werden mitgeteilt. Zwei Kohorten wur­den beim Übergang in eine integrative Klasse verschie­dener Schulformen der Sekundarstufe erfaßt. Die Daten basieren auf den Halbjahresnoten der Schüler(n=743) und auf drei Dimensionen eines Fragebogens zur Er­fassung der Integration(FDI) aus Schülersicht(n=597) und teilweise auch aus Lehrersicht. Von den Inte­grationsschülern wurden 22 zielgleich und 31 zieldif­ferent, orientiert am Lehrplan der Sonderschule für Lernbehinderte, unterrichtet und beurteilt. Die Schul­leistungen in Deutsch und Mathematik der lernbe­hinderten Schüler bewegten sich, nach starken anfäng­lichen Differenzen, im längsschnittlichen Vergleich über zwei Jahre auf die Noten der anderen Gruppen zu. Die geschlechtsspezifischen Notendifferenzen waren markan­ter als die behinderungsspezifischen. Insgesamt ist der Grad der Integriertheit auf der Basis des FDI positiv zu beurteilen. Das Fähigkeits-Selbstkonzept von lernbe­hinderten und leistungsschwachen Schülern erscheint allerdings noch problematisch. Für den objektiven Kon­text Schulform ergaben sich aus den Varianzanalysen mehrere signifikante Haupteffekte in bezug auf die Lei­stungen in Mathematik, die soziale und emotionale Inte­gration. Die Schwierigkeiten bei der Integration lernbe­hinderter Schüler werden ebenso diskutiert wie die aus den Untersuchungen folgenden Interventionsmöglich­keiten.

The mainstreaming of handicapped children in Saar­land(a federal state in Germany) is systematically analyzed from different perspectives. Findings on scho­lastic achievement and self-concept development are presented. Assessments from two cohorts of children entering integrative classes in different kinds of secondary schools were made. The data were based on the semester grades of students(n=743), questionnaires designed to assess self-concept dimensions of integration(FDI) and, to a lesser extent, on teacher evaluation of students. From the samples of students in integrative classes, 31 of the handicapped children(n=53) are taught and graded according to the standard curriculum for learning desabled students in special education schools. After an initial phase of marked differences in German and Math grades, the grades of the learning disabled children approached those of the other students. Overall gender differences were more marked than handicap-related differences. On the basis of the FDI questionnaire, the amount of integration can be evaluated positively. Multivariate analyses revealed several significant main effects on social and emotional integration for the type of secondary school. However, with regard to the intel­lectual skills, the self-concept of learning disabled child­ren seems to pose a problem. The success of mainstream­ing efforts depends on the very complex systemic context. In conclusion, the problems involved in the integration of learning disabled children as well as interventions which may overcome these difficulties, are discussed.

Theoretische Einordnung

Da die schulische Integration behinder­ter Kinder bisher fast nur in Modellver­suchen mit sogenannten Integrations­klassen(mehrere behinderte Kinder in

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einer Regelschulklasse von etwa 20 Schülern) Gegenstand fachwissenschaft­licher Diskussionen und empirischer Stu­dien war, liegen keine Evaluationen zur landesweiten Einführung schulischer In­tegration in der Sekundarstufe vor. Die­

se Lücke ansatzweise zu schließen, ist Ziel der saarländischen Untersuchung. Mit Blick auf die wissenschaftsethische Dimension sei erwähnt, daß es im vorlie­genden integrativen Forschungsansatz nicht mehr um die Diskussion alternati­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 1, 1995