Anne Hildeschmidt und Alfred Sander- Integration behinderter Schüler und Schülerinnen in der Sekundarstufe I
Integration sowie der kognitiven Bewertungs- und Rückkoppelungsprozesse; eine systemimmanente Bewährungskontrolle bzw. Evaluation unter drei Perspektiven(Schüler, Eltern, Lehrer) und mit Bezug auf drei Schülergruppen (nichtbehinderte, zieldifferent und zielgleich unterrichtete behinderte Schüler). Verlauf und Methode: Die Datenerhebungen erfolgen fortlaufend, sind jedoch hinsichtlich der vergleichbaren Zeitpunkte begrenzt. Sie umfassen halbstrukturierte Interviews, schriftliche Befragungen mit geschlossenem und offenem Anteil und standardisierte Befragungen. Die Auswertungen richten sich nach den Fragestellungen, dem Stichprobenumfang, den vorhandenen Datenniveaus (nominal und quantitativ) und der Multidirektionalität des Theorieansatzes. Bewältigungsversuche und Bilanzierungen zum Wechsel und zur Integration in der Sekundarstufe wurden in Voruntersuchungen bei Schülern und Eltern sowie bei Lehrem erfaßt.
Eltern- und Schülerbefragungen Die Eltern- und Schülerbefragungen(Interviews und schriftliche Befragung) bezogen sich im einzelnen auf folgende Facetten: Das Ausmaß, in dem Eltern und Kind Streß erlebten in den Übergangssituationen S1 Schulwahl S2 Integrationsweg (Förderausschuß) S3 unmittelbar vor dem Übergang bei folgenden Bewältigungsschritten(Coping) angesichts des Wechsels in die Sekundarstufe I A Bedeutung B Bewertung eigener Bewältigungsressourcen C Bewertung von Umfeldressourcen D handelnde und gedankliche Vorbereitung auf 0.g. Situation E Antizipation eines erfolgreichen Übergangs F Antizipation von Erschwernissen und Lösungsmöglichkeiten beim Übergang R1 Perzipierter Streß R2 Bilanzierung bisheriger Vorbereitung R3 Neubewertung der Situation. (Hildeschmidt 1994a; Hildeschmidt 1991; Hildeschmidt& Molaro-Philippi 1990; Molaro-Philippi & Hildeschmidt 1990)
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Befragung der Sekundarstufenlehrer mit Integrationserfahrungen
Die Lehrerbefragung der Sekundarstufenlehrer mit Integrationserfahrungen im Saarland erfolgte im ersten Jahr des Modellversuches 1991 schriftlich zu folgenden Themen und Copingprozessen:
® Lehrerinnen und Lehrer entscheiden sich für Integration ® unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen. ® Sie suchen ihren Weg bei der Gestaltung des Übergangs — durch eine primäre Bewertung, — durch pädagogisches Handeln und — durch kognitiv-emotionale Bewältigungsversuche ® unter Einkalkulieren von Unterstützungsmöglichkeiten im Umfeld. ® Sie lassen sich auf eine vorläufige Bilanzierung(sekundäre Bewertung) ein in Bezug auf die wahrgenommenen Entwicklungschancen, — die persönliche Motivation heute, — die organisatorischen Rahmenbedingungen und — ihre Erwartungen gegenüber der Schulbehörde und Bildungspolitik.
Die Analyse der Ausgangssituation hatte die Funktion, Möglichkeiten und Probleme des Coping zu erfassen und auf dieser Basis den kollegialen Austausch mit den neu hinzukommenden Lehrern (Hildeschmidt 1994 b) in zentralen Fortbildungsveranstaltungen und regionalen Arbeitsgemeinschaften zu erleichtern. Außer den intrapsychischen Verarbei
tungsprozessen standen Bewältigungsversuche auf Handlungsebene zur besseren Gestaltung des Übergangs und des integrativen Unterrichts in der Sekundarstufe I im Vordergrund.
Bedingungs- und Wirkungsanalysen integrativen Unterrichts
Bedingungen und Wirkungen integrativen Unterrichts werden mehrperspektivisch erfaßt: auf Eltern- und Schülerseite mittels halbstrukturierter Interviews und schriftlicher Befragung in der erwähnten Vorstudie; im Modellversuch auf Lehrerseite mittels offener und standardisierter Befragung sowie mittels Ziffernnoten und Entwicklungsberichten, auf Schülerseite mittels soziometrischer Erhebungen(Schnitzler 1994) und eines Fragebogens zur Integration.
Modellversuchsbedingungen Schülerzahl
In den Modellversuch wurden zwei Kohorten einbezogen, nämlich alle Schüler zum Schulwechsel in eine integrative Klasse 5 in den Schuljahren 1991/92 und 1992/93 im Saarland.— Wenn hier auch alle Integrationsschüler der Übergangsklassen in die Untersuchung aufgenommen wurden, wäre es voreilig, von einer Population zu sprechen. Denn erstens werden in den untersuchten Klassen insgesamt nur rund 10% der behinderten saarländischen Schüler integriert unter
Tab. 1: Erfaßte Schüler der integrativen Klassen nach dem Schulwechsel in die Sekundarstufe I
Kohorte I
1991/92 Schüler gesamt 470 (w/m)(225/245) davon Integrationsschüler 29 (w/m)(15/14) Integrationsschüler 11 Lehrplan Regelschule(5/6) Integrationsschüler 18 Lehrplan Sonderschule(10/8) für Lernbehinderte Integrationsschüler 0 Lehrplan Sonderschule(0/2) für Geistigbehinderte
Kohorte II Gesamt 1992/93 597 1067 (263/334)(488/579) 34 63 (14/20)(29/34) 13 24 (5/8)(10/14) 19 37 (8/11)(18/19) 2 2 (0/2)(0/2)
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 1, 1995