Selbst Beob Allein
Abb. 1: Entwicklung der sozialen Spieltätigkeit I
gefüllt wird. Basis dieser Gesamtauswertung aus dem Projekt„Gemeinsam spielen“ sind mehr als 30 Stunden Videomaterial und annähernd 200 durch Spielprotokolle dokumentierte Beobachtungsstunden. Gleichwohl sind ausgehend von diesem Material keine verallgemeinerbaren Schlußfolgerungen im Sinne von Repräsentativität möglich, auch wenn etwa Jehle(1982) von experimentellen Designs in der Einzelfallforschung berichtet, die unter bestimmten Voraussetzungen Generalisierungen erlaubten. Diese sind jedoch an stringente Versuchplanungen gebunden, die im vorliegenden Falle weder untersuchungspraktisch noch forschungsethisch realisierbar waren.
Entwicklung der sozialen Spieltätigkeit in integrativen Regelkindergartengruppen
Nach Abschluß der unmittelbaren Arbeiten im Forschungsfeld und einer ersten Sichtung des Materials entstand im Forschungsteam der gleichsam narrativ bestimmte Gesamteindruck, daß der Prozeß der Integration der Untersuchungskinder in die jeweilige Gruppe weitgehend vollzogen war. Es waren zahlreiche gemeinsame Spielaktivitäten zu be
32
Parallel
Ulrich Heimlich und Ditmar Schmetz- Beobachtung integrativer Spielprozesse
Assoz Koali
obachten, in denen auch die Kinder mit einer Behinderung als aktiv und initiativ erfahren werden konnten. Es sollte sich jedoch zeigen, daß derart globale Gesamteindrücke durch die Einzelergebnisse der Spielbeobachtung deutlich korrigiert werden. Dies wäre wiederum der „Ideologiekritischen Funktion“ von operationalisierten Beobachtungsinstrumenten zuzuschreiben.
Quantitative Ergebnisse der Beobachtung integrativer Spielprozesse: Es erfolgt zunächst ein Überblick über die Entwicklung der sozialen Spieltätigkeit im ersten Kindergartenjahr auf der Basis der Kategorien von Parten(1932), die der Auswertung des Videomaterials zugrunde lagen.? Die Beobachtungen erfolgten im Abstand von drei Monaten.
Zunächst wird deutlich, daß die größten Gesamtanteile bei den Spielkatego
? Es ist hier darauf hinzuweisen, daß die weiteren Ergebnisse aufgrund der zu geringen Größe der Untersuchungsgruppe(N=9) keiner Signifikanzprüfung unterzogen werden können, da diese erst ab N=30(Clauss-Ebner 1975, 67f.) als sinnvoll angesehen wird. Im traditionellen empirischen Sinne haben die Ergebnisse dieser Studie allenfalls den Rang einer begründeten Hypothese, ohne jedoch den Anspruch auf Allgemeingültigkeit zu erheben. Gleichwohl wirken die Beobachtungsergebnisse orientierend in die Praxis der gemeinsamen Erziehung hinein.
rien„Beobachtungsspiel‘“(26,67% der beobachteten Spielzeit),„Alleinspiel“ (18,32%),„Parallelspiel“(23,72%) und „Assoziationsspiel‘“(18,03%) verzeichnet werden können. Demgegenüber sind die Anteile im„Koalitionsspiel“ und im „Kooperationsspiel“ bezogen auf den Untersuchungszeitraum eher unbedeutend. Die Kategorie„Selbstbeschäftigt“ (9,39%) nimmt in Ergänzung dazu ebenfalls eine Randstellung ein. Somit können wir folgern, daß der Schwerpunkt der sozialen Spieltätigkeit in unserer Untersuchungsgruppe bei der Erweiterung der Individualspielanteile um interaktionsbezogene Komponenten zu sehen ist. Es liegt die Vermutung nahe, daß behinderte Kinder im ersten Kindergartenjahr bezogen auf ihre soziale Spieltätigkeit schwerpunktmäßig individuumbezogene Spielanteile um gruppenbezogene zu erweitern versuchen. Die Entwicklungsdimension dieser Befunde wird in Abbildung 2 deutlich.
Während die Anteile des Parallelspiels und des Assoziationsspiels über drei Zeiträume relativ unverändert bleiben, lassen sich für die Kategorien„Selbstbeschäftigt‘“,„Beobachtungsspiel“ und „Alleinspiel‘“ deutliche Veränderungen ausmachen. Der Anteil der Kategorie „Selbstbeschäftigt“ verringert sich um 5,01%-Punkte von 12,99% im Zeitraum I auf 7,98% im Zeitraum II. Der Anteil des„Beobachtungsspiels“ verringert sich gleichzeitig um 3,47%-Punkte von 28,50% im Zeitraum I auf 25,03% im Zeitraum II. Im Gegensatz dazu nimmt das„Alleinspiel“ um 9,37%-Punkte zu. Mit„Alleinspiel“ ist bei Parten eine soziale Spieltätigkeit gemeint, in der Kinder aus der Passivität des Beobachtungsspiels in die Aktivität des individuellen Spiels mit Spielmitteln wechseln, die sich von denen anderer Kinder unterscheiden. Mit dieser Kategorie ist kein Versuch der sozialen Annäherung verbunden. Als wichtigste Entwicklungstendenz können wir bezogen auf unsere Untersuchungsgruppe von einer allgemeinen Aktivierung der Kinder mit einer Behinderung im Rahmen des ersten Kindergartenjahres ausgehen. Gleichzeitig läßt sich mit Hilfe der Beobachtungskategorien von Parten nochmals das Pro
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 1, 1995
>