besserung der materiellen Situation, Gemeinwesenorientierung, Dezentralisierung/Regionalisierung, Kooperation und Koordination).
Die heutige sozial- und sonderpädagogisch ausgerichtete Projektarbeit benötigt dadurch zusehends kompetenzerweiternde theoretische, strategische und methodische Handlungswerkzeuge, die in der Ausbildung sozialer Arbeit, wenn überhaupt, nur theoretisch-simulativ vermittelt werden(können)(Müller 1991). Es verwundert deshalb nicht, wenn in der Fachdiskussion in den letzten Jahren zunehmend die Themen der Sozialökologie und Netzwerkförderung, der Marktorientierung, des Sozialmanagements, des Case- und Unterstützungsmanagements, der Organisationsentwicklung und Sozialplanung angesprochen werden(Wendt 1991; Ferchhoff 1991). Bei diesen Begriffen geht es um das Bewußtmachen und das Bearbeiten erkannter Interventionsgrenzen sozialund sonderpädagogischer Fachkräfte, Dienste und Einrichtungen, aber auch der Führungs- und Leitungskräfte und ihrer Entwicklungs und Steuerungsinstrumente.
Eine breite Fortbildungspalette und Vielzahl von Handbüchern zum„Sozialmanagement und Sozialmarketing‘“ kennzeichnen seit Ende der achtziger Jahre eine wirtschaftsorientierte Modeströmung im sozialen Berufsfeld(Wöhrle 1993). Nach meinem Dafürhalten bleiben jedoch deren Methoden/Techniken/ Modelle zumeist mangels einer gesellschaftstheoretischen Verankerung und fehlender Gemeinwesenorientierung auf austauschbare Rezepturen beschränkt (Hovorka 1993b).
„Sozialpolitisierung“ und „Einmischungsstrategie“
Insbesondere der sich anbahnende Fusionsprozeß von Sozial- und Sonderpädagogik, der sich immer nur an konkreten Orten und sozialen Umfeldern entwickeln kann, macht klar, daß die Sicherstellung fach- und bedürfnisgerechter sozialer Dienstleistungen nur dann gewährleistet werden kann, wenn sich„Markt
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Hans Hovorka+ Sozialarbeit/Sozialpädagogik und Sonderpädagogik
orientierung‘“ über die genauen Kenntnisse des Arbeitsumfeldes und der jeweiligen institutionellen Stärken und Schwächen definiert. Wenn parteilich zugunsten der von weiterer Ausgrenzung Bedrohten öffentlich Stellung bezogen wird, und wenn der Facettenreichtum als stimulierender Lernort für eine permanente Fort- und Weiterbildung sowie für eine aufgabengerechte Organisationsentwicklung angenommen wird.
Wir sprechen in diesem Zusammenhang heute von einer stärkeren„Sozialpolitisierung“ der sozial- und sonderpädagogischen Disziplinen bzw. von einer stadtteil- und gemeinwesenorientierten Einmischungsstrategie, mit der die wohnortnahe Versorgung mit sozialen Unterstützungssystemen situations- und bedarfsgerecht erreicht bzw. abgesichert werden soll. Notfalls auch durch eine öffentliche„Skandalisierung‘“ von sozialen Mißständen.
Am Beispiel der Neuordnung von sonderpädagogischer Förderung im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts behinderter und nichtbehinderter Kinder zeichen sich m. E. zunehmend Chancen für eine solche Einmischungsstrategie und für die Realisierung einer Pädagogik ab, die gleiche Partizipationsrechte ohne den Preis der Assimiliation und die Entfaltung von Differenz ohne Verzicht auf demokratische Gleichheit zugesteht. Denn der Grundsatz„Integration ist unteilbar“ bedeutet ja, daß sich die Nichtaussonderung behinderter Kinder und Jugendlicher nicht allein auf die Schule beziehen kann, sondern, daß die Schule nur ein, wenn auch sehr wichtiges, Segment der Integration darstellt.
Bei der Herstellung günstiger personeller, materieller und rechtlicher Rahmenbedingungen schulischer Integration kann daher auf eine lebenswelt- und gemeinwesenorientierte Annäherung der Disziplinen Sozial- und Sonderpädagogik nicht verzichtet werden. Gilt es doch, vorrangig wohnortnahe soziale Unterstützungssysteme auch behinderten Kindern mit sozial und wirtschaftlich ungünstigem familiären Hintergrund zugänglich zu machen, für die bisher zumeist die Sonderschule die Regelschule blieb(Schöler 1993a,b).
Die am gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter SchülerInnen beteiligten Personen, Organisationen und Behörden aus dem Sozial- und Bildungsbereich sind dabei ebenso in einen tiefgreifenden Veränderungsprozeß eingebunden, wie die jeweiligen Gemeinden. Diese müssen eine Organisationsentwicklung der(Sonder-)Schulen nach innen und nach außen zulassen und haben traditionelle bürokratische Abläufe und Kompetenzverteilungen in Frage zu stellen und zu verändern(Sander 1993; Preuss-Lausitz 1988).
Der Integrationsauftrag „Sonderpädagogischer Zentren“
Insbesondere gilt es, hierarchie- und konkurrenzfreie Arbeitsstrukturen und Begegnungsräume für Sonder- und SozialpädagogInnen zu schaffen. Es müssen neue berufsfeldübergreifende Aufgabenstellungen, Methoden und Organisationsformen entwickelt werden, mit denen auch außerschulische, familiäre, wohnungsmäßige usw. Integrationshindernisse gesamtheitlich wahrgenommen und situationsgerecht beseitigt bzw. verändert werden können.
In Österreich ergeben sich seit 1993 mit der gesetzlich möglich gewordenen Umwidmung bestehender Sonderschulen in „Sonderpädagogische Zentren“ erstmals derartige multidisziplinäre Kooperationsmöglichkeiten. Wenngleich sich die ersten derartigen Modelleinrichtungen derzeit noch auf schulische Integration im engeren Sinn, d.h. auf den sonderpädagogischen Kompetenztransfer und auf die Sicherstellung der sonderpädagogischen Betreuungsqualität beschränken (Hovorka 19933).
Zur Aufhebung dieser verengten Förderperspektive hat sich in Österreich erfreulicherweise ein landesweiter Fachdialog von ExpertInnen v.a. aus den sonder- und sozialpädagogischen Berufsfeldern entwickelt, mit dessen wissenschaftlicher Begleitung ich seit mehreren Jahren befaßt bin. Im Rahmen dieses Fachdiskurses wurde und wird die Einrichtung von regionalen und überregionalen„Ressourcenzentren“ diskutiert,
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 1, 1995