Hans Hovorka+ Sozialarbeit/Sozialpädagogik und Sonderpädagogik
deren Angebote sich nicht nur auf die schulische Integrationsphase beschränken(Hovorka 1994).
Diese Zentren sollten sich hinsichtlich ihres Einzugsbereiches nicht nur an den traditionellen Schulsprengeln und Schulbezirken orientieren. Sie sollten auch die kleinräumigen Einsatzgebiete anderer sozialer Netzwerke wie z.B. von„Integrierten Gesundheits- und Sozialsprengeln“ berücksichtigen, die derzeit im Zuge der Dezentralisierung und Regionalisierung sozialer Dienstleistungen in allen Bundesländern entstehen. Solche Ressourcenzentren könnten, so die Meinung vieler ExpertInnen, als lokale und regionale„Drehscheibe“ verstanden wer‚den und einen Innovationspool bilden, der in genauer Kenntnis der örtlichen Bedingungen und Besonderheiten eines Wohngebietes, und aufgrund der damit möglichen multidisziplinären Vernetzung, effizienter als bisher auch schulübergreifende Integrationsbedürfnisse und-wünsche der Wohnbevölkerung wahrnehmen(Hovorka 1993).
Umfeldbezogene Integrationspädagogik
Indem die Gemeinde, der Stadtteil- oder die Region als soziales Integrationsumfeld verstanden und von den Zentren genutzt wird, lassen sich zugleich die Kooperation und fachliche Abstimmung mit anderen Institutionen oder Bereichen des öffentlichen Lebens, insbesondere der Sozial- und Behindertenhilfe, vor allem für die Angehörigen behinderter Kinder durchschaubarer gestalten und die Zersplitterung von Zustän
Literatur
digkeiten entwirren(Schumann 1991). Von sonder- und Ssozialpädagogisch gleichwertig ausgerichteten gemeindenahen Ressourcenzentren könnten zusätzlich BewohnerInnen profitieren, Menschen, die in anderen Lebenssituationen von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, die Informationsdefizite und Orientierungsprobleme bezüglich der ihnen zustehenden Hilfen und Fördermaßnahmen aufweisen(Arbeitslose, Alte, AusländerInnen usw.).
Abschließend möchte ich noch die Frage aufgreifen, ob die gegenwärtigen institutionell-organisatorischen und ob die personell-fachlichen Gegebenheiten und Voraussetzungen in der Sozialpädagogik und in der Sonderpädagogik eine hier zur Diskussion gestellte umfeldbezogenen Integrationspädagogik überhaupt zulassen bzw. zulassen können. Wahrscheinlich stehen nicht nur in Österreich berufsständische Berührungsängste und verwaltungstechnische Gegebenheiten der raschen Etablierung solcher„offenen“ Sonderpädagogischen Zentren sicher noch länger entgegen. Insbesondere dann, wenn diese Zentren nicht an Sonderschulen, sondern an neutralen Orten eingerichtet werden sollten und, wenn gleichzeitig die Professionalität der Angebotspalette gesichert und die Qualifikation der MitarbeiterInnen erhöht werden sollen. Die im. Sozialund Bildungsbereich vielfach geforderte „Kostenneutralität“ von Reformen läßt hier deutliche Grenzen erkennen. Zumindest bei der integrationsorientierten Umwandlung von Sonderschulen in „Sonderpädagogische Zentren“ wird jedoch aber schon jetzt darauf zu achten sein, daß während der mehrjährigen
Umstellungsphase der Sonderschulen zu gemeindenahen„Service-Einrichtungen‘“ Unterstützung insbesondere im Sinne von projektbegleitender LehrerInnenfortbildung und wissenschaftlicher Begleitung gewährt wird. Eine Unterstützung, die auf die wachsende Angebots- und Managementfunktion der Zentren situations- und bedarfsgerecht abgestimmt ist (Schratz 1993; Mohr 1993).
Und selbstverständlich müssen an den sonder- und sozialpädagogischen Ausbildungsstätten und an den themenverwandtenUniversitätsinstituten interdisziplinär und umfeldbezogen raschest integrationspädagogische Aus- und Fortbildungslehrgänge eingerichtet werden, die einer sozialorientierten Pädagogik der Nichtaussonderung verpflichtet sind und die die Rückführung einer qualitativ erweiterten Sozial- und Sonderpädagogik in die Allgemeine Erziehungswissenschaft zum Ziel haben(Meister& Sander 1993).
Denn erst mit der Aufhebung der traditionellen Aufgabenteilung der beiden Disziplinen Sozialpädagogik und Sonderpädagogik, auch in der Aus- und Fortbildung, können im sozialen Berufsfeld kooperative Arbeitsstrukturen zugunsten sozial benachteiligter und behinderter Menschen auch praktisch entwickelt werden. Kooperative Arbeitsstrukturen, die beispielhaft auch auf Gemeinde- und Stadtteilebene zur dringend erforderlichen Sicherstellung und Weiterentwicklung demokratischer und toleranzfördernder Lern- und Entwicklungsprozesse unter dem Motto„Vielfalt statt Einfalt‘“ beizutragen imstande sind.
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