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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Karin Schakib-Ekbatan und Hermann Schöler- Zur Persistenz von Sprachentwicklungsstörungen

Tab. 1: Alter der Pbn bei UI, UV und UVI

Pb Alter Alter Alter zu UI zu UV zu UVI Ingo 6;9 11;4 16;0 Thorsten 6;10 11;0 15;11 Stefan 6;10 1;3 15;11 Steffen 6;10 12;1 16;10 Ramona S. 6;11 11:6 16;3 Nadine il 15 16;2 Ramona G. 7;4 15 16;2 Marc 7,10 12;4 17;0 Thomas 8;0 12;0 11:3

und Nicolay 1994). In Tabelle 1 sind das Alter bei der ersten(UI), der fünften (UV, letzter Untersuchungszeitpunkt im Rahmen der Kohorten-Sequenz-Analy­se) und der letzten Untersuchung(UVI) sowie das Geschlecht angeführt.

Bei sechs Pbn wurde die DiagnoseDys­grammatismus durch Adjektive wie Schwer(1),erheblich(1),mittel (3) undmassiv(1) spezifiziert. Wie wir zeigen konnten(Schöler, Anzer& Illichmann 1987), bietet diese auf Lieb­mann(1901) zurückzuführende Ein­teilung in drei Schweregrade(leicht mittel schwer) keine zusätzlichen In­formationen, die zur Differenzierung in­nerhalb des StörungsbildesDysgram­matismus beitragen könnten. Bei allen Pbn wurde eine Dyslalie diagnostiziert, und ebenfalls bei allen wurden bereits im Vorschulalter zum Teil vielfältige therapeutische Maßnahmen durchge­führt. Weitere Auffälligkeiten, die zu UI und UN den Akten entnommen wurden, sind in Tabelle 2 aufgelistet.

Bedeutsam ist, daß soweit dazu An­gaben gemacht wurden bereits in der Familie Sprech- und Sprachauffällig­keiten vorlagen. Allerdings sind diese Daten, ebenso wie prä-, peri- oder post­natale Auffälligkeiten nicht zwingend mit der hier betrachteten spezifischen Sprachentwicklungsstörung in Verbin­dung zu bringen, da sich nicht bei allen solche Auffälligkeiten finden ließen oder sogar ausdrücklich von den Eltern aus­geschlossen wurden. Gleichwohl stellen solche Besonderheiten bekanntermaßen ein erhöhtes Risiko an Dispositionen für ‚Grundauffälligkeiten(Motsch 1992) im organisch-konstitutionellen Bereich dar, die im Verein mit psychischen und so­

Tab. 2: Auffälligkeiten der Pbn, die zu UI und UNI den Akten entnommen werden konnten

Pb Redefluß- Wortfin­störung dungs- in Sprach­störung entwicklung, Kommunika­tion verstärkt über nonverbale Bereiche Ingo°°° Thorsten- Zn° Stefan°°° Steffen°° ­RamonaS.*°° Nadine= Zz Ramona G.- za° Marc..°.° Thomas°-°

zialen Faktoren die Symptome entste­hen lassen können, wie sie bei den Pbn vorkamen. Bei keinem Pb ergab sich das Bild einer isolierten Sprachauffälligkeit, wie dies einige linguistische Theorien zur Spezifischen Sprachentwicklungs­störung(u.a. Clahsen 1991; Gopnik 1990) nahelegen: Entwicklungsabwei­chungen zeigten sich auch in nicht­sprachlichen Bereichen, wie im Verhal­ten oder in motorischen Bereichen. Ein auffallender Befund ist, daß bei nahezu der Hälfte der Pbn explizit von einem Stillstand in der Sprachentwicklung berichtet wurde und die Kinder sich in der Folge wesentlich mit Gesten verstän­digt hätten.

Zur Schullaufbahn der Jugendlichen. Mit Ausnahme von Nadine absolvieren (zum Zeitpunkt UVI) alle Jugendlichen ihre Schulausbildung an einer Regel­schule, vornehmlich der Hauptschule. Hier zeigen sich allerdings unterschied­liche Verläufe: Während sich Nadine mit dem Lernstoff der Sprachheilschule(der sich aus dem Selbstverständnis der Sprachheilschulen heraus inhaltlich nicht von dem Lernstoff einer Regel­schule unterscheiden soll) schwer tut, zeigen sich Defizite in den Lernvoraus­setzungen bei Thomas und voraussicht­lich auch bei Ramona S. erst auf der Schwelle zur Berufsausbildung. Drei der Jugendlichen befinden sich in der Be­rufsausbildung, die in keinem Fall un­problematisch verläuft: Ein Jugendlicher

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 2, 1995

Stillstand Motorische Auffällig­

Konzentra- Verhaltens­

Auffällig- keiten tions- auffällig­keiten in der probleme keiten auditiven Wahr­nehmung .-- ­---.° -.°=. - Zi. .°--. ---. -. ­-... -.-.

besucht einen Sonderzweig der Berufs­schule, einer mußte die Berufsschule ver­lassen, scheint nach Auskunft der Mut­ter jedoch Erfolg in seiner Arbeitstätig­keit zu haben, ein Jugendlicher hat die Lehre abgebrochen. Thorsten will nach dem Realschul-Abschluß einen erneuten Anlauf zum Wechsel auf das Gymnasi­um versuchen. Er stammt als einziger Jugendlicher aus einer Akademiker-Fa­milie. Es ist anzunehmen, daß deshalb schulische Ausbildung und eine entspre­chende Berufsausbildung hohen Stellen­wert besitzen und dieser sich in entspre­chender Förderung oder Unterstützung ausdrückt. Bei drei Jugendlichen hat sich die familiäre Situation durch Trennung der Eltern oder neue Partnerschaft eines Elternteils mittlerweile verändert.

Die Aufgaben zu UVI

Zahlen-Nachsprechen. Der Untertest Zahlennachsprechen(ZN) des HAWIK­R(Tewes 1983) diente als Maß für die auditiv-serielle Kurzzeitgedächtnisspan­ne. Der Pb hört dabei Zahlenfolgen, die (von drei bzw. zwei Zahlen an) immer länger werden und die er unmittelbar (a) in der vorgegebenen Folge(ZNV) und(b) in der umgekehrten Abfolge (ZNR) reproduzieren soll. Mit dieser Aufgabe wird ein relativ sprachunab­hängiger Indikator für die auditiv-seri­elle Verarbeitungskapazität(Merk­spanne) erfaßt.

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