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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Karin Schakib-Ekbatan und Hermann Schöler- Zur Persistenz von Sprachentwicklungsstörungen

Leistung in% 100 ı

[= Fehlerkorrektur(sinnvolle Sätze)| |---Fehler nur erkannt(sinnvolle Sätze)|

_|Kasusflexion

|Verbflexion | mm Fehlerkorrektur(Vgl.Grp) DIFehler nur erkannt(Vgl.Grp)

10 11

12. 13 14 15 16

Alter in Jahren

Abb. 2: Entwicklung der Leistungen der neun Probanden beim Erkennen und Korrigieren falscher Flexionen in Sätzen und Vergleich mit den sprachunauffälligen Kindern

turen bei allen Sätzen bei Betrachtung der Gesamtgruppe) keine bedeutsamen Leistungsveränderungen(F(2,7)= 3,76; p>.05). Bei der Analyse der einzelnen Wortarten zeigt sich allerdings ein sta­tistisch signifikanter Leistungsanstieg (F(2,7)= 45,93; p<.001): Die fehler­haften Verben werden mit zunehmen­dem Alter nicht nur erkannt, sondern auch bedeutsam häufiger korrekt verbes­sert. Ohne hier näher darauf einzuge­hen, sei angedeutet, daß hier vermutlich semantische Faktoren(außersprachlich­motivierte Flexionen; Schöler 1994) die entscheidende Lern- und Behaltenshilfe sein werden.

Man kann resümierend festhalten, daß die Leistung der neun Jugendlichen im wesentlichen auf einem Niveau stagniert, das sprachunauffällige Kinder im zwei­ten oder dritten Schuljahr bereits über­schritten haben. Die Verlaufsbetrachtung vermittelt den Eindruck, daß die Erken­nensleistung auf einem Niveau von etwa 20% bleiben wird, d.h. viele Fehler kön­nen zwar erkannt, aber nicht korrigiert werden. Der Anteil an Kasus-Fehlern, die korrigiert werden können, steigt zwar von 0% bei den Siebenjährigen auf fast 40% bei den 16-17-Jährigen, aber auch hier scheint damit eine gewisse Schwel­le erreicht zu sein, die so ist zu erwar­

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ten bzw. zu befürchten nur unwesent­lich überschritten werden wird. Nachsprechen von Sätzen

Satzebene. Die Reproduktionsleistung auf Satzebene ist sehr gering, denn nicht ein Jugendlicher bzw. eine Jugendliche konnte auch nur die Hälfte der insge­samt vorgegebenen sinnvollen Sätze feh­lerfrei nachsprechen(vgl. Tab. 5). Nur ein Jugendlicher spricht fünf der 12 sinn­vollen Sätze fehlerfrei nach, vier kön­nen dagegen überhaupt keinen Satz kor­rekt reproduzieren.

Bei den Kunstwortsätzen gelang es nur einem Jugendlichen, einen Satz korrekt nachzusprechen; er(Marc) erzielte auch die höchste Reproduktionsrate bei den sinnvollen Sätzen(vgl. Tab. 5). Die ge­ringe Reproduktionsrate bei den Kunst­wortsätzen erstaunt, da die Kunstwort­sätze nur aus 5-8 Wörtern bestehen. Bezogen auf die Gesamtgruppe der neun Jugendlichen werden insgesamt nur 12% der sinnvollen Sätze und nur 3% der Sät­ze mit Kunstwörtern korrekt reprodu­ziert. Zum Vergleich dazu: Bereits die sprachunauffälligen Zweitklässler(Al­tersdurchschnitt 8;4 Jahre) reproduzie­ren 50% der sinnvollen Sätze und 81% der Sätze mit Kunstwörtern korrekt, und die Viertklässler(10;3 Jahre) erreichen

Tab. 5: Anzahl korrekt reproduzierter sinnvol­ler Sätze und Kunstwortsätze zu UVI

Pb sinnvolle Sätze Kunstwortsätze

(f= 12)(f=4) Ingo 1 0 Thorsten 4 0 Stefan* 0 0 Steffen 0 0 RamonaS 1 0 Nadine 0 0 Ramona G. 0 0 Marc 5 1 Thomas 1 ­Summe 12

(12%)(3%)

* Bei Stefan wurden nur 5 sinnvolle Sätze vorge­geben.

bereits ein Leistungsplateau mit annä­hernd 80%(bei den sinnvollen Sätzen) bzw. 90%(bei den Kunstwortsätzen) korrekten Reproduktionen(Kratzer& Schöler 1992).

Wortebene. Mit Ausnahme bei den Ar­tikeln(9%) schwankt die Fehlerhäu­figkeit um einen Wert von etwa 20% (vgl. Tab. 6); dies gilt sowohl für die Auslassungen oder fehlerhaften Bildun­gen von Adjektiven wie für die Posses­siv-Pronomen. Bei der Betrachtung sol­cher Gruppenwerte ist unbedingt anzu­merken, daß die Fehlerverteilung inter­individuell stark variiert. Besonders deutlich ist dies bei den Relativ-Prono­men: Drei der neun Pbn produzieren alle Auslassungen.

Die folgenden zwei Beispiele mögen ei­nen Eindruck von den Reproduktions­leistungen und deren Entwicklung(UI bis UVI) vermitteln.

Steffen:

Vorgabe: Die Frau hat sich zum Kaffee mit einer Freundin getroffen, die nebenan wohnt.

9;3 Jahre(UN):Die Frau hat sich n Kaffee

getroffen nebendran wohnt 10;0 Jahre(UND:Die Frau hat sich en Kaffee getroffen-_nebendran wohnt 10,6 Jahre(UIV):Die Frau ha hat sich getrof­fen mit ner andere Freundin zum Kaffee geht die Nachba­nn Die Frau die Frau hat sich Kaffee getroffen nebendran wohnt

11;3 Jahre(UV):

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 2, 1995