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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Fehlerrate bei den im Kopf gerechneten numerischen Additionsaufgaben 20% überstieg. Bei allen Kontrolltests(K 1 bis KS) war es den Probanden freige­stellt, an den Fingern, mit den bereitge­stellten Steinen oder im Kopf zu rech­nen. Von den 10 vor Trainingsbeginn auf konkrete Veranschaulichungshilfen angewiesenen Trainingskindern werden 6 bis zum 2. Posttestanschauungsun­abhängig, in der Kontrollgruppe sind es 3 und ein weiteres, das aber zu Hause mathematischen Nachhilfeunterricht be­kam.

Diskussion

Ein Transfer des ZBT auf die Leistun­gen beim Addieren und Subtrahieren ist erst im Posttest 2 so deutlich, daß er sich statistisch sichern 1äßt. Allerdings ist die Kontrollgruppe mit etwa 12% weniger Rechenfehlern schon vor Trai­ningsbeginn gegenüber der Trainings­gruppe im Vorteil. Dieser Leistungsvor­sprung verschwindet bis zum Posttest 2. Offenbar bringt die in den Trainings­stufen 1 bis 7 erreichte Flexibilisierung beim internen Zählen und bei der vor­stellenden Zahl- und Mengenzerlegung den Trainingskindern Lernvorteile, die sich erst nach Trainingsabschluß im Mathematikunterrricht lernerleichternd auswirken.

Bei der Beurteilung des Trainingseffek­tes muß bedacht werden, daß der Rück­gang der Rechenfehler nur ein grober Indikator für verbesserte mathematische Einsichten darstellt. Qualitative Verbes­serungen von Denk- und Lösungsstrate­gien beim Umgang mit Zahlen kommen

Literatur

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furt a.M.: Diesterweg.

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Wolfgang Moog- Flexibilisierung von Zahlbegriffen und Zählhandlungen

in der Fehlerquote nur bedingt zum Aus­druck.

Ein weiterer interessanter qualitativer Aspekt ist die Lösungszeit in Relation zur Fehlerzahl. Es wurde die Anzahl der Aufgaben mit Lösungszeiten> 3 sec notiert. Während sich die Zahl der ver­zögerten Ergebnisnennungen in der Kontrollgruppe vom Prä- zum Posttest 2 von etwa 50% auf 25% halbiert, bleibt sie in der Trainingsgruppe mit etwa 50% im Prä- und im Posttest 2 stabil. Gleich­zeitig kommt es zu einer Fehlersenkung von etwa 7% bei der Kontrollgruppe und von 17% bei der Trainingsgruppe. Die trainierten Kinder nehmen sich für ihre Lösungen somit vergleichsweise mehr Zeit und machen weniger Fehler als die nicht trainierten Kinder.

Die Begrenzung der Trainingszeit auf durchschnittlich zwei 30minütige Sit­zungen pro Trainingsstufe reichte bei einigen Kindern nicht aus, um die neu­en Einsichten und Fertigkeiten auf Dau­er verfügbar zu machen. Eine auf den Einzelfall abgestimmte Verlängerung der Übungszeit ist daher angezeigt.

Die Kontrollkinder der hier vorgestell­ten ersten Evaluationsstudie nahmen am regulären Unterricht teil und wurden dort, von uns nicht kontrollierbar, auch im Fach Mathematik unterrichtet. In­sofern muß der erzielte Trainingseffekt als Nettolernleistung nach Abzug eines nicht näher bestimmten Unterrichtseffek­tes interpretiert werden. Unter der An­nahme eines wirkungsvollen Mathema­tikunterrichts hat unser Lernprogramm gegen eineharte Konkurrenz antrai­nieren müssen.

Ein weiterer Nachteil des Untersu­chungsplanes bestand darin, daß Trai­

schule, 12, 33-35.

gen: Hogrefe.

nings- und Kontrollkinder hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Vertrautheit mit dem Testleiter, der zugleich auch Trai­ner war, nicht vergleichbar waren. In der Folgeuntersuchung soll das Unter­suchungsdesign entsprechend verbessert werden.

Ausblick

Da die empirische Basis für eine verläß­liche Beurteilung des entwickelten Trai­ningsprogramms mit einer Stichprobe von 2x 10 Probanden noch zu schmal ist, wird das Programm derzeit an einer Stichprobe von rechenschwachen Erst­und Zweitklässlern aus Dortmunder Grundschulen unter verbesserten ver­suchsmethodischen Bedingungen durch­geführt. Dabei kommen revidierte Fas­sungen des Zahlbegriffstrainings und des Mathematischen Kontrolltests zur An­wendung.

Um den trainingsbedingten Ausfall an Mathematikunterricht und Zuwendungs­effekte für Trainings- und Kontrollkinder vergleichbar zu halten, wird der Ver­suchsplan in zwei Punkten verändert. Zum einen nehmen in der Folgeunter­suchung die Kontrollschüler zeitgleich mit dem Mathematiktraining ihrer Part­ner an einem Lese-Rechtschreib-Trai­ning teil. Zur Anwendung kommen Übungen mit dem Material der Bremer Lesekiste von Balhorn u.a.(0.J.) Zum anderen werden zwei Zweierteams ein­gesetzt. Training und Kontrolltest wer­den von verschiedenen Teams durchge­

Lauth, G.W.& Schlottke, P.F.(1993). Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern. Materialien für die psychosoziale Praxis. Weinheim: Beltz. Lorenz, H.J.(1989). Rechenstörungen früh erkannt und ausgeglichen. Gund­

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Masendorf, F.& Lienert, G.A.(1991). Rehabilitationstypologien als präskripti­

17, 192-198.

ver Forschungsansatz in der Heilpädagogik. Heilpädagogische Forschung,

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 3, 1995