Friedrich Masendorf- Wissenserwerb Lernbehinderter im Sachunterricht als Funktion der Zeit
Betätigung der Ruder einzubauen waren und wie der Motor befestigt werden mußte. Gemeinsam wurde auch überlegt, wie Wartezeiten bei den Montagearbeiten vermieden werden konnten, da die Leimarbeiten bekanntlich eine gewisse Trokkenzeit benötigten. Gemeinsam wurde auch beschlossen, nachdem der gesamte Arbeitsablauf organisiert wurde, bei jeder Zusammenkunft das Ziel der Stunde vorher festzulegen.
Während der manuellen Arbeit mußte mancher Schüler erfahren, wie schnell ein Sägeblatt durch falsches Sägen riß. Wegen der beeinträchtigten Feinmotorik mancher Kinder waren Korrekturen bei der manuellen Arbeit immer wieder erforderlich. Auch war es notwendig, insbesondere beim Bau der Tragflächen, die Schüler zu ermuntern, lieber einmal mehr zu fragen und in den Bauplan zu schauen, als unüberlegt und überhastet zu handeln. Die Verbindung der Flügelteile mußte besonders haltbar sein, da dort die größten Kräfte auftreten. Die Schüler erfuhren, daß es hier besonders ratsam ist, mit Weißleim zu kleben. Die V-Stellung wurde durch Unterstützung der Flügel mit Pappdreiecken unter den Flügeln erreicht. Bei der Flächenbespannung, die man gewöhnlich mit einfachen Tapetenkleister klebt, muß vor allem darauf geachtet werden, daß das Papier faltenfrei aufliegt. Kleinere Fältchen verschwinden beim Trocknen oder Imprägnieren. Hier wurden Geduld, Ausdauer und Fingerspitzengefühl verlangt. Nach dem Imprägnieren mit farblosem Überzugslack(Spannlack) konnte jeder Schüler die Farbzusammenstellung an seinem Modell selbst bestimmen.
Als Lohn für die lange Mühe und Arbeit konnten die Schüler ihre Modelle nicht nur mit nach Hause nehmen; auf dem Sommerfest der Schule konnten sie ihre Flugzeuge stolz der Öffentlichkeit vorführen. Daß durch die beschriebenen Aktivitäten der Schüler in Gr. III„mathemagenisches Verhalten“(Rothkopf 1970) gefördert wurde, zeigte sich bei dem abschließenden Besuch des Fliegerhorstes Nörvenich. Die Soldaten (Flugzeugführer und Techniker) zeigten sich durch die„fachmännischen Fragen“ der lernbehinderten Schüler über
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Informeller Test zum Lehrzielbereich„Luftfahrt‘“
Wer war?
. Leonardo da Vinci Graf Zeppelin Otto von Lilienthal Gebrüder Wright Charles Lindbergh Dädalos und Ikaros Gebrüder Mongolfier
(Ordne nach Buchstaben)
Sagengestalt
erste Motorflieger Antlantikflieger Heißluftballonbauer Luftschiffbauer Erfinder
Luftpionier
Was bezeichnet man beim Flugzeug als?
8. Rumpf 9. Tragwerk 10. Fahrwerk 11. Leitwerk 12. Strahltriebwerk 13. Steuerwerk 14. Kolbentriebwerk
Was ist Luft? [ 1]Sauerstoff[
Motor
Räd
Mittelstück
Ruder
Flugzeugende& Düse
Flügel
] Kohlenstoff
[]Gasgemisch
Hat die Luft ein Gewicht?[
Was verstehst du unter Thermik? [ 1]Nebel[ []Aufwind[ Was ist Aerodynamik? [ 1]Magnetismus[ [ 1]Elektrizitätswärme Wie ist ein Unterschallprofil?
[]schmal[ I]dick []dünn
Wie verhält sich warme Luft? []neutral
[ Jabsteigend Was bedeutet Wirbelbildung? []Kraftverlust []Auftrieb
Hat die Luft einen Widerstand[
rascht. Dadurch wurde das Verständnis auch noch unverdauten Stoffes sozusagen am„großen Objekt“ weiter vertieft. Die Begegnung der Schüler mit dem „realen Objekt“ sowohl beim Flugmodellbau als auch beim Besuch des Fliegerhorst hat das mathemagenische Verhalten der Schüler selbst verändert und sich positiv auf die Behaltensleistungen ausgewirkt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch an die Untersuchung von Düker& Tausch(1957) zur Wirkung der Veranschaulichung auf die Erinnerungsleistung von Volksschülern durch die Begegnung mit dem realen Objekt„Meerschweinchen“.
Für einen Großteil zu vermittelnder Sachthemen im Unterricht mit lernbehinderten Schülern im Rahmen der tech
]Ja
] Luftfeuchtigkeit ] Orkan/Sturm
] Strömungslehre
[]aufsteigend
[ 1]Kraftgewinn
]Ja[]Nein
nisch-naturwissenschaftlichen Fächer bis
hin zum Biologie- und Erdkundeunter
richt empfiehlt sich das Bereitstellen län
gerer Lernzeiten, wenn diese zur akti
ven Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand durch gelenktes Entdeckenlassen genützt werden.; Sicherlich hat auch das Thema„Luft
fahrt“ zum Lernerfolg mit beigetragen. Flugzeuge und Raketen sind heutzutage} auch für Sonderschüler eine Selbstverständlichkeit. Das Fliegen selbst aber ist
für die meisten Menschen immer noch geheimnisumwittert. Der Modellflugbau
hat den Kindern die Möglichkeit gege
ben, handelnd und reflektierend die vermeintlichen Geheimnisse zu lüften und angeregt, noch mehr erfahren zu wol
len.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 3, 1995