Zur Validität des curricularen Tests„Luftfahrt“
Der hier behandelte Lehrstoff zum Thema„Luftfahrt“ ist zwar, wie eingangs erwähnt, nicht im Lehrplan der Oberstufe der Sonderschule für Lernbehinderte vorgesehen. Dennoch 1äßt sich die Beherrschung dieses Stoffes auch für Sonderschüler als ein Ziel von eigenem Wert und eigener Bedeutung herausstellen. Dieses Ziel wurde mittels eines curricularen Tests überprüft. Die Validität dieses Instrumentariums ist zum einen dadurch gegeben, daß es zwischen Schülern differenziert, die am Unterricht „Fluglehrziele‘“ teilgenommen haben, und Schülern, die nicht daran teilgenommen haben(Kriterium der Unterrichtssensitivität, vgl. Klauer 1987, 46). Zum anderen erfüllt der Test auch das Kriterium der konkurrenten Validität. Hierunter wird verstanden, daß der Test zwischen Sonderschülern und angehenden Lehrern differenziert. So wurde der Test „Fluglehrziele‘“ mit einer Stichprobe von 71 Lehramtsanwärtern der Sonderpädagogik(Anfangssemester) ohne vorhe
Literatur
Friedrich Masendorf- WissenserwerbLernbehinderterim Sachunterricht als Funktion der Zeit
rige Information zum Thema„Fliegen“ durchgeführt. Diese Lehramtsstudenten erzielten auf Anhieb einen Durchschnittswert von 16,4, also 74% von maximal 22 erreichbaren Punkten. Zum Vergleich schafften die 14- bis 16-jährigen lernbehinderten Schüler im Prätest ohne vorherigen Unterricht durchschnittlich nur um 7 richtige Lösungen, das entspricht 32% von 22 erreichbaren Punkten.
Einordnung der Ergebnisse nach dem kriteriumsorientierten Zensierungsmodell
sensu Klauer 1987
Die vorliegenden Ergebnisse lassen sich zusätzlich noch unter dem Aspekt der kriterialen Bezugsnorm bewerten. Heranziehen läßt sich hier das international gebräuchliche kriteriumsorientierte Zensierungsmodell nach Klauer(1987, 295): Diesem Modell zufolge wird mit 97,8% richtigen Lösungen die Note 1 erteilt, mit 80% die Note3 und mit 45% richtigen Lösungen die Note 5,4.
Sonderschüler erreichen im Eingangstest (ohne Unterricht), wie gesagt, durchschnittlich 7 richtige Lösungen, dies entspricht 32% und nach der Tabelle einer noch schlechteren Note als 5,4. Sonderschüler mit Unterricht bei einfachem Zeitaufwand erzielten 11,3 richtige Antworten(vgl. Tab. 1). Dies entspricht 51%. Hierfür lesen wir bei Klauer(1987, 295) die Note 5 ab. Sonderschüler mit Unterricht bei doppeltem Zeitaufwand brachten es auf 14,2 richtige Lösungen, dies entspricht bei 65% der Note 4,1. Der hier praktizierte Unterricht bei doppeltem Zeitaufwand hat also— gemessen an dem strengen kriteriumsorientierten Zensierungsmodell— zu immerhin ausreichenden Leistungen der lernbehinderten Schüler geführt. Demgegenüber stehen für Lehramtsstudenten ohne Unterricht 75%(16,4) richtige Antworten zum Vergleich an. Für 74% lesen wir die Note 3,5 ab. Somit haben lernbehinderte Schüler bei„doppeltem“ unterrichtlichen Zeitaufwand nicht ganz das Niveau ihrer zukünftigen Lehrer erreicht.
Bortz, J.(1993). Statistik für Sozialwissenschaftler. 4. Auflage, Berlin, Heidelberg, New York, Springer.
Düker, H.& Tausch, R.(1957). Über die Wirkung der Veranschaulichung von Unterrichtsstoffen auf das Behalten. Zeitschrift für experimentelle angewandte Psychologie 4, 384-400.
Gieselmann, H.H.(1992). Informeller Wissenstest„Fluglehrziele‘“. Universität zu Köln, Heilpädagogische Fakultät, unveröffentlicht.
Havränek, T.& Lienert, G.A.(1984). Local and Regional vs. Global Contingency testing. Biometric Journal, 26, 483-494.
Klauer, K.J.(1974). Methodik der Lehrzieldefinition und Lehrstoffanalyse. Düsseldorf: Schwann.
Klauer, K.J.(1987). Kriteriumsorientierte Tests. Göttingen, Toronto, Zürich. Hogrefe.
Krauth, J.(1993). Einführung in die Konfigurationsfrequenzanalyse(KFA). Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union.
Lienert, G.A.(Hrsg., 1988). Angewandte Konfigurationsfrequenzanalyse. Frank
Anschrift des Autors:
Prof. Dr. Friedrich Masendorf
Heilpädagogische Fakultät der Universität zu Köln Seminar für Lernbehindertenpädagogik
Klosterstr. 79 b
D-50931 Köln
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 3, 1995
Lienert, G.A., Netter, P.& von Eye, A.(1991). Perspektiven der KFA als Methode der Persönlichkeitspsychologie. Zeitschrift für Psychologie, Supplement 11, 439-451.
Masendorf, F.(1994). Förderungstypen des induktiven Denkens und des räumlichen Vorstellens bei lernbeeinträchtigten Kindern. Eine metatypologische Mehrstichproben-KFA. Psychologie in Erziehung& Unterricht, 41. Jg., 14-21.
Niggemann, H.M.& Treiber, B.(1982). Lernstoffstrukturen, Kognitive Strukturen, didaktische Strukturen. In: Treiber, B. und Weinert, F.E.(Hrsg.). Lehr-Lern-Forschung. München, Wien, Baltimore: Urban& Schwarzenberg.
Rothkopf, E.Z.(1970). The concept of mathemagenic activities. Review of Educational Research, 40, 325-336.
Treiber, B.(1982). Lehr-Lernzeiten im Unterricht. In: Treiber, B. und Weinert, F.E.(Hrsg.). Lehr-Lern-Forschung. München, Wien, Baltimore: Urban& Schwarzenberg.
von Eye, A.(1990). Introduction to configural frequency analysis. Cambridge. Cambridge University Press.
129