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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Hilfen fürTäter undOpfer aggressiver Handlungen in der Schule aus der Sicht der Betroffenen

Von Christian Klicpera und Barbara Gasteiger Klicpera

In einer repräsentativen Untersuchung wurden 1594 Schüler der 8. Schulstufe in Wien und Niederösterreich zu ihren Erfahrungen mit präventiven Maßnahmen der Schule gegen aggressives Verhalten und zu ihren Erwar­tungen an Hilfestellungen für die Opfer von aggressiven Auseinandersetzungen befragt. Gleichzeitig wurden die Lehrer gebeten, ihre Erfahrungen über die Wirksamkeit von Hilfen für diese Schüler zu berichten. Es konnte gezeigt werden, daß die Einstellung sowohl zum Eingrei­fen von Lehrern in Auseinandersetzungen zwischen Schü­lern wie auch zu gemeinsamen Gesprächen mit den Leh­rern über das Zusammenleben in der Klasse stark von der eigenen Betroffenheit durch aggressive Auseinan­dersetzungen geprägt war. Schüler, die sich häufiger aggressiv gegen Mitschüler verhielten, aber selbst kaum von anderen angegriffen oder drangsaliert wurden, stan­den einem Eingreifen der Lehrer sehr negativ gegen­über und hatten auch geringere Erwartungen an Klas­sengespräche. Hingegen setzten Schüler, die häufiger zum Opfer der Aggression von Mitschülern wurden, große Hoffnungen an ein Eingreifen der Lehrer und an Klassengespräche, übten jedoch gleichzeitig stärkere Kritik an der Art, wie diese Klassengespräche geführt wurden. Jene Schüler, für die beides zutraf, die also sowohlOpfer wieTäter waren, hatten eine recht zwiespältige Einstellung zu den Maßnahmen der Schule; einerseits zeichneten sie sich durch eine negative Hal­tung zum Eingreifen der Lehrer aus, andererseits übten sie auch Kritik an der Haltung ihrer Mitschüler in den Klassengesprächen. Im Fall der eigenen Betroffenheit durch aggressives Verhalten von Mitschülern waren die größten Erwartungen aller Schüler an die Hilfe durch Klassenkameraden gerichtet. Nur Schüler, die häufiger zum Opfer von Aggressionen wurden, richteten sich in ihren Erwartungen besonders an Hilfen durch die Leh­rer. Die Konsequenzen dieser Ergebnisse für schulische Maßnahmen zur Verringerung aggressiven Verhaltens werden diskutiert.

1 Ander Durchführung der Untersuchung haben Petra Gomorka, Vera Jirak, Dagmar Rahn und Robert Sluka mitgearbeitet. Dem schulpsychologischen

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 3, 1995

In a representative sample of 1594 pupils of the eigth grade in Vienna and lower Austria the experiences with prevention efforts against aggression and the expec­tations for individual help for pupils who are the target of aggression were explored. In addition the teachers were asked for their opinions on the effectiveness of different kinds of individual help for these pupils. It could be shown that the attitudes of pupils to teacher interventions in aggressive acts and to classroom dis­cussions about the social relations in the class depended on their involvement in aggressive acts. Pupils who were themselves aggressive against other pupils in their class but were not a target of aggression(bullies) had a rather negative attitude to teacher interventions and low expectations for classroom discussions. Pupils on the other side who were frequently a target of aggression had high expectations for teacher interventions and classroom discussions, but had at the same time a lot of critic about the style of classroom discussions. Those pupils who were both aggressive and targets of aggression- had a ambivalent attitude, they, showed a rather negative attitude against teacher interventions, but criticized the classmates for their behavior in classroom discussions as well. In the case of being a victim of aggression all pupils placed most of their hopes in help from fellow pupils. Only those children who were frequently targets of aggression had special expectations for help from the teachers. The consequences of these results for school efforts to reduce the amount of aggressive behavior are discussed.

Dienst, insbesondere Min.Rat DDr. Sedlak und Hofrat Dr. Eimer, ist für die Unterstützung der Untersuchung zu danken.

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