Weitere Erprobung des„Denktrainings für Jugendliche“ in der Oberstufe der Schule für
Lernbehinderte
Von Karl Josef Klauer
45 Jungen und Mädchen der Abschlußklassen nahmen entweder am„Denktraining für Jugendliche“ oder an einem Aufmerksamkeitstraining teil. Vor und nach dem Training waren Tests zur Erfassung des induktiven Denkens gegeben worden. Im Anschluß an das Training erhielten beide Gruppen gemeinsam eine Unterrichtsstunde zum Trägheitsgesetz. An einem zweiten Versuch nahmen 36 um fast ein Jahr jüngere Schülerinnen und Schüler der Oberstufe teil. Hierbei handelte es sich um eine Replikation der Versuchsanordnung des ersten Experiments mit dem Unterschied, daß diesmal ein Gedächtnistraining dem Denktraining kontrastiert wurde. In beiden Versuchen förderte das Denktraining signifikant das induktive Denken. Außerdem wurde im zweiten Versuch ein starker Transfer auf das Lernen in der Physikstunde nachgewiesen. Schließlich konnte hier auch ein Trainereffekt gesichert werden.
Unter anderem ist zu schließen, daß der Effekt des Denktrainings auf das Lernen größer ist als auf Maße der fluiden Intelligenz und daß der Effekt nicht auf unspezifische Faktoren der Teilnahme an irgendeinem kognitiven Training zurückgeführt werden kann.
45 boys and girls of the 9th and 10th grade of a school for learning disabled children participated either in a training to reason inductively or in an attentional training. Before and after training, tests of inductive reasoning had been administered. Following training, both groups participated in a lesson on inertia of mass. 36 comparable boys and girls who were about one year younger participated in a similar experiment which should replicate the first one except that the attentional training was replaced by a memory training. In both cases, the inductively trained children outperformed the otherwise trained children with respect to inductive reasoning and learning during the lesson. Moreover, it could be shown that trainer personality matters: Different trainers yielded different effects.
Among others, it can be concluded that the reasoning training has a greater positive impact on learning than on measures of fluid intelligence and that this effect cannot be explained by an unspecific effect of participating in any cognitive training.
Im vorliegenden Beitrag wird über zwei experimentelle Untersuchungen berichtet, in denen das„Denktraining für Jugendliche‘“(Klauer 1993a) bei lernbehinderten Sonderschülern der Oberstufe erneut in seiner Effektivität überprüft werden sollte. Dabei standen vier Fragestellungen im Zentrum des Interesses. 1. Zunächst ging es darum, die mit dem Denktraining verbundene Erwartung zu testen, ob es denn in der Lage sei, tatsächlich das induktive Denken zu verbessern. 2. Weiterhin sollte wiederum ein Versuch unternommen werden, den Ein
fluß des Denktrainings auf das Lernen in der Schule zu untersuchen: Pädagogen erwarten mit Recht, daß sich die Wirksamkeit eines solchen Trainings nicht auf die Förderung des Denkens beschränken, sondern daß es auch auf das Lernen in der Schule transferieren sollte.
. Weiterhin war beabsichtigt zu prü
fen, ob unterschiedliche Trainerinnen und Trainer zu unterschiedlichen Förderergebnissen führen.
. Die letzte Fragestellung schließlich
geht auf kritische Einwände der Autoren Hager und Hasselhorn zurück, die
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 4, 1995
nicht ausschließen wollen, daß die Teilnahme an einem Training als solchem, also unabhängig von den Trainingsinhalten, schon die spezifischen Effekte bewirkt haben könnte, die wir bislang vorlegen konnten(Hager& Hasselhorn 1993a; Hager, Hasselhorn & Elsner 1995). Diese vier Fragestellungen sollen nun in umgekehrter Reihenfolge kurz erläutert werden. Hager und Hasselhorn heben wiederholt darauf ab, daß der motivierende Einfluß der Teilnahme an einem herausgehobenen Training als solchem schon die Effekte bewirkt haben
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