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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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geführt werden. Es besteht also kein An­laß, nach Variablen zu suchen, die die Effektivität des Trainings moderiert hät­ten. Unter diesen Umständen macht es aber Sinn, den mittleren Effekt zu schät­zen. Mit Delta= 0,43, p< 0,004, resul­tiert eine knapp mittelhohe signifikante Schätzung für den Effekt des Trainings auf das induktive Denken. Er scheint damit etwas höher zu liegen als der Ef­fekt, der durchschnittlich bei Denktrai­ning II erreicht wird(vgl. Klauer 1994).

2. Transferiert das Denktraining auf schulisches Lernen?

Leider ist der Versuch in Experiment 1 schiefgelaufen, den Transfer des Denk­trainings auf schulisches Lernen nach­zuweisen. Vielleicht war das Vorwissen dieser älteren Jugendlichen zu groß, oder die Testaufgaben waren für sie zu leicht. Jedenfalls spricht manches dafür, daß hier ein Ceilingeffekt vorlag, der es aus technischen Gründen unmöglich mach­te zu prüfen, ob der erwartete Tranfer stattgefunden hat oder nicht.

Um so klarer ist das Ergebnis von Expe­riment 2. Hier konnte der Transfereffekt überzeugend, ja sogar überraschend hoch nachgewiesen werden. Wie ordnet sich das Ergebnis in die früheren Befunde ein? In Klauer(1993b) wurde über zwei Untersuchungen in 9. Klassen von Schu­len für Lernbehinderte berichtet, in de­nen ebenfalls ein Transfer des Denk­trainings für Jugendliche auf schulisches Lernen nachgewiesen werden konnte. Dort ging es um ein mathematisches Thema, und die Effektstärken des Trai­nings auf das Lernen lagen bei 0,65 und 1,10. Der Wert 1,37, der hier gefunden wurde, übersteigt also noch die bislang erzielten Werte. Er liegt aber nicht so weit außerhalb, daß dies ungewöhnlich wäre.

Bemerkenswert ist ein weiterer Befund. In allen drei Fällen sind die Effekte des Denktrainings auf das schulische Ler­nen größer als seine Effekte auf Variab­len der fluiden Intelligenz. Diese Beob­achtung wird bestätigt, wenn man ana­loge Experimente mit Denktraining II hinzunimmt: Auf der Basis von 748

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Schülerinnen und Schülern wurde eine Metaanalyse über 14 Trainingsexperi­mente berechnet. Bei diesen Experimen­ten lagen Effektstärkeschätzungen vor sowohl über Variablen der fluiden Intel­ligenz als auch über Variablen des Ler­nens bei den unterschiedlichsten Unter­richtsstoffe. Die mittlere Effektstärke auf Variablen der fluiden Intelligenz lag bei 0,33, die bei Variablen des schulischen Lernens bei 0,60, war also fast doppelt so hoch(Klauer 1994). Rein empirisch ist demnach die Aussage gerechtfertigt, daß das Denktraining schulisches Ler­nen sogar stärker fördert als Variablen der fluiden Intelligenz.

Eine mögliche Erklärung hierfür liegt vielleicht darin begründet, daß der Trans­fer von sinnhaltigem Trainingsmaterial auf sinnhaltige Unterrichtsthemen leich­ter stattfindet als auf sinnfrei-abstraktes Material, das ja die meisten Tests der fluiden Intelligenz kennzeichnet.

Wie kann man sich die Wirkungsweise des Denktrainings auf das schulische Lernen vorstellen? Auf Grund der Be­fundlage ist auszuschließen, daß das Denktraining unmittelbar die fluide In­telligenz fördert, die ihrerseits dann das Erlernen von Lehrstoffen begünstigt. Dieser Wirkungszusammenhang, der mir früher durchaus plausibel erschien, würde zur Folge haben, daß der Effekt des Trainings auf die fluide Intelligenz größer wäre als auf das schulische Ler­nen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Fakten sind mit der umgekehrten Vor­stellung eher vereinbar, daß das Denk­training unmittelbar das Lernen und mit­telbar nämlich vermittelt durch die Förderung des Lernens die fluide In­telligenz fördert. Möglich wäre auch, daß wir es mit zwei zum Teil unabhän­gigen Effekten zu tun haben: Daß das Denktraining beides direkt fördert, fluide Intelligenz und Lernen, und da die fluide Intelligenz nachweislich das Lernen in der Schule begünstigt, würde das Ler­nen sozusagen von zwei Seiten her un­terstützt.

Wie dem auch sei, so muß man damit rechnen, daß sich das Denktraining un­mittelbar förderlich auf den Erwerb schulischen Wissens auswirkt. Wie ist das möglich? Hier sind zwei Überlegun­

Karl Josef Klauer- Weitere Erprobung desDenktrainings für Jugendliche in der Oberstufe der Schule für Lernbehinderte

gen anzustellen. Zum einen ist un­bestreitbar, daß viele schulische Inhalte mit Regelhaftigkeiten zu tun haben, das heißt mit Begriffen einerseits, mit Re­geln und Gesetzmäßigkeiten anderer­seits. Dabei ist also immer induktives Denken gefordert, das ja im Denktrai­ning eingeübt und verbessert wird. Auf der anderen Seite dürfte aber auch dekla­ratives Wissen, bei dem es nicht um Regelhaftigkeiten geht, vom Denktrai­ning profitieren. Bei jedem deklarativen Wissen handelt es sich um Wissen über Objekte, wobei die Objekte durch Merk­male gekennzeichnet und durch be­stimmte Relationen miteinander ver­knüpft sind. Der Vergleich von Objek­ten im Hinblick auf gemeinsame oder verschiedene Merkmale wird aber in der einen Hälfte aller Aufgaben des Trai­nings thematisiert, während es in der andern Hälfte darum geht, Relationen zwischen Objekten auf Gleichheit und Verschiedenheit hin zu prüfen. Kinder, die diese mentalen Strategien internali­siert haben und die geübt sind, die Stra­tegien bei unterschiedlichstem Material anzuwenden, haben natürlich einen Vor­teil, wenn es darum geht, Objekte durch Merkmale zu bestimmen und die Bezie­hungen zwischen Objekten zu identifi­zieren,

3. Der Einfluß der Trainer­persönlichkeit

Dieser Fragestellung konnte nur in Ex­periment 2 nachgegangen werden. Da­bei stellte sich heraus, daß ein vom Trainingsprogramm unabhängiger Ef­fekt der Trainerperson auf den SPM statt­gefunden hat. Da die Interaktion Trai­nerperson x Trainingsprogramm nicht signifikant wurde, ist daraus zu schlie­Ben, daß die Trainerpersonen unabhän­gig von der Art des Trainings entweder hohe oder mittlere oder geringe bis kei­ne Fördereffekte bezüglich des SPM er­zielt haben. Im Vorgriff auf weitere Ver­öffentlichungen kann schon mitgeteilt werden, daß das Ergebnis hier keinen Einzelfall darstellt. Vieles spricht dafür, daß die Trainerpersonen in eine Rang­ordnung hinsichtlich ihrer Förderwir­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 4, 1995