Läßt sich die fluide Intelligenz erwachsener Behinderter durch das Aachener Denktraining nachhaltig verbessern?*
Von Marcus Hasselhorn, Willi Hager und Kirsten Boeley-Braun
Die kurzfristige(Performanzverbesserung) und längerfristige Wirkung(Kompetenzsteigerung) des„Denktraining II“ von Klauer(1991) auf die mit dem CFT 20 (Weiß 1987) erfaßte fluide Intelligenz wurde bei erwachsenen Mitarbeitern einer Behindertenwerkstatt experimentell überprüft. Der Untersuchung lag ein Zweigruppenplan mit drei Meßzeitpunkten(Vortest, Nachtest, Nacherhebung 6 Monate später) zugrunde, wobei die 28 Teilnehmer per Zufall entweder dem Denktraining oder einem Kontrolltraining zugewiesen wurden, das aus verschiedenen Übungen des Frostig-Programms zur Förderung der visuellen Wahrnehmung bestand. Das Denktraining führte sowohl kurzfristig als auch längerfristig zu bedeutsameren Steigerungen der Intelligenztestleistungen als das Kontrolltraining, was die von Klauer(1993) geäußerte Intelligenz-Transferhypothese über die Wirksamkeit des Denktrainings im heilpädagogischen Feld bestätigt.
The short-term effects(increase of performance) as well as the long-term effectiveness(increase of competence) of Klauer’'s(1991)„Denktraining II“ on fluid intelligence were testet. Twentyeight handicaped adults from a special workshop participated in the experiment that was realized as a two groups design with three measurement points(pretest, posttest, followup about 6 months after completion of the training). Participants were randomly assigned either to the„Denktraining“ or to a control training consisting of several exercises from Frostig's developmental program in visual perception. Fluid intelligence was assessed by a German version of the Culture Fair Intelligence Test(CFT 20; Weiß 1987). Short-term effects(pretest— posttest) as well as long-term effects(pretest— followup) on intelligence test scores were reliably more pronounced in the Denktraining group as compared to the control group. Thus, Klauer’'s(1993a) intelligence transfer hypothesis concerning the effects of the Denktraining in disabled people was confirmed.
Die nachhaltige Verbesserung des abstrakten Denkens und der allgemeinen Intelligenz bei intellektuell retardierten Personen gehört zu den vorrangigen kurativen Aufgaben der Heilpädagogik. Doch wie realistisch ist es, diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen? Die hierzu von Klauer(1975) vorgelegten sorgfältigen Analysen führten in den 70er Jahren zu einer eher skeptischen Ein
* Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die erweiterte Fassung eines auf der 5. Tagung Pädagogische Psychologie im Herbst 1995 in Leipzig gehaltenen Vortrages. Frau Dipl.-Psych. Anke Gerdes sei für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Auswahl der Trainingsteilnehmer(innen) sowie bei der Organisation und Durchführung der Untersuchung gedankt.
schätzung. Klauer schlußfolgerte, daß zwar auch bei retardierten Kindern prinzipiell eine Verbesserung des abstrakten Denkens möglich ist, ohne daß allerdings die bis dato erprobten Trainingsmethoden in zuverlässiger Weise praktisch bedeutsame Leistungssteigerungen in Aussicht stellten. Bei aller Ernüchterung wirkte diese Schlußfolgerung geradezu als Herausforderung, nach geeigneteren Trainingsmethoden zu Suchen. Viele der hierzu bekannt gewordenen Bemühungen können zwar als pädagogisch kreativ eingestuft werden, es fehlt ihnen jedoch meist an einer theoretischen Grundlegung und an überzeugenden empirischen Nachweisen ihrer
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 4, 1995
tatsächlichen Wirksamkeit. Derartige Wirksamkeitsnachweise sind jedoch unverzichtbar, denn Trainingsprogramme kann man als„(Systeme von) technologische(n) Regeln“ begreifen(vgl. Herrmann 1984; Krapp& Heiland 1993). Diese unterscheiden sich von grundlagenwissenschaftlichen Theorien, die sich stets auf idealisierte und mehr oder minder eingeschränkte Bedingungen beziehen, vor allem dadurch, daß sie Anweisungen zum Handeln in realen Situationen darstellen. Sie können daher nicht logisch aus irgendwelchen grundlagenwissenschaftlichen Theorien abgeleitet werden, sondern ergeben sich bestenfalls auf dem Wege von Transfor
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