mationen aus Theorien(vgl. ausf. Herrmann 1984; Krapp& Heiland 1993). Demzufolge gibt Herrmann(1984, S. 28) als das dominante Kriterium für technologische Regeln deren Wirksamkeit in der Praxis an. Diese kann vorliegen(oder auch nicht) unabhängig davon, ob die quasi als„Inspiration“ zugrundeliegende grundlagenwissenschaftliche Theorie sich bisher bewährt hat oder nicht. M.a.W. müssen alle für das Handeln in der Praxis gedachten Programme unabhängig von der Frage ihrer theoretischen Fundierung vor allem ihre Wirksamkeit unter Beweis stellen. Gelingt dieser Nachweis, ist ein praktisches Problem gelöst, ohne daß dies unmittelbare Konsequenz für die„inspirierende“ Theorie hat(Herrmann 1984; vgl. auch Sternberg 1983).
Wiederum war es Klauer(vgl. Masendorf& Klauer 1986, 1987), der in der zweiten Hälfte der 80er Jahre einen erfolgversprechenden theoretischen Ansatz enwickelte, auf dessen Grundlage er ein neues Trainingsprogramm konzipierte, dessen Wirksamkeit bei Kindern aufgrund vieler Evaluationsstudien mittlerweile unumstritten ist, auch wenn über die spezifischen kognitiven Wirkungen, die dieser Wirksamkeit zugrunde liegen, unterschiedliche Auffassungen vertreten werden(vgl. Hager& Hasselhorn 1993, 1995a; Hasselhorn& Hager 1996; Klauer 1989, 1991, 1993a). Das Aachener Denktraining von Klauer ist mittlerweile auch bei Lernbehinderten erfolgreich umgesetzt worden(vgl. Klauer 1993a; Masendorf 1988). Dabei konnten bisweilen auch Transfereffekte auf die allgemeine fluide Intelligenz nachgewiesen werden. Dies veranlaßte Klauer(1993a) zu der Schlußfolgerung, daß das Denktraining bei Lernbehinderten zu einer nachhaltigen Verbesserung der allgemeinen fluiden Intelligenz führt. Die als Beleg angeführten Studien erlauben allerdings auch alternative Interpretationen(s.u.), So daß wir eine erneute Prüfung dieser These an einer anderen heilpädagogisch relevanten Stichprobe vornahmen. Um unser eigenes Prüfexperiment besser einordnen zu können, sollen zunächst das Aachener Denktraining skizziert und Klauers
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(1993a) Erprobungen des Denktraining II bei lernbehinderten Jugendlichen einer kritischen Reflexion unterzogen werden.
Das Aachener Denktraining
Das Aachener Denktraining wurde zunächst für Kinder im Alter zwischen 5 und 7 Jahren(Klauer 1989) entwickelt. Mittlerweile werden auch Versionen des Denktrainings für ältere Kinder(Klauer 1991) und für Jugendliche(Klauer 1993b) angeboten. Drei Aspekte sind zentral für das Konzept des Denktrainings, nämlich die ihm zugrundeliegende präskriptive Theorie des induktiven Denkens, die daraus abgeleitete Taxonomie von sechs Kernaufgaben des induktiven Denkens und das paradigmatische Interventionskonzept mit den Prinzipien des exemplarischen Lernens und des analogen Transfers.
Die präskriptive Theorie des induktiven Denkens
Die präskriptive Theorie des induktiven Denkens, die Klauer(1991) auch dem in unserer Studie verwendeten„Denktraining II“ zugrunde gelegt hat, basiert zunächst auf einem Definitionssatz. Danach wird das Denken als induktiv bezeichnet, das in der Entdeckung von Regelhaftigkeiten durch Feststellung der Gleichheit und/oder Verschiedenheit von Merkmalen oder Relationen bei Material unterschiedlichster Art besteht.
Klauer(1989) argumentiert, daß dieser Definitionssatz den Status einer Theorie hat, da mit Hilfe von Prozeßbegriffen genau die Leistungen spezifiziert werden, die das induktive Denken von anderen Arten des Denkens unterscheiden. Ob diese„Definitionssatz-Theorie‘“ eine adäquate Beschreibung bzw. Erklärung der kognitiven Prozesse darstellt, die realiter beim erfolgreichen Lösen induktiver Denkanforderungen angewendet werden, ist für die Theorie irrelevant, da Klauer sie als eine präskriptive und nicht als eine deskriptive versteht. Eine
Marcus Hasselhorn, Willi Hager und Kirsten Boeley-Braun- Läßt sich die fluide Intelligenz durch das Aachener Denktraining verbessern?
präskriptive Theorie hat nämlich nicht den Anspruch, die kognitiven Prozesse zu spezifizieren, die für erfolgreiche Aufgabenbewältigungen charakteristisch sind, sondern kognitive Strategien vorzugeben, durch deren Anwendung eine erfolgreiche Aufgabenbewältigung möglich ist. Klauers„präskriptive Theorie“ bezieht sich also auf Handlungsanweisungen und Handlungen, die der Erreichung eines bestimmten Zieles dienen, und kann damit durchaus mit dem Begriff„technologische Regel“ in Verbindung gebracht werden(s.o.), wenn nicht gar gleichgesetzt werden.
Die sechs Kernaufgaben des induktiven Denkens
Aus dem Klauerschen Definitionssatz des induktiven Denkens ergeben sich genau sechs Aufgabenklassen. Bei drei dieser Aufgabenklassen ist der Merkmalsvergleich für die Aufgabenlösung entscheidend. Als Generalisierung bezeichnet Klauer Aufgaben, die durch das Feststellen der Gleichheit von Merkmalen charakterisiert sind. Ist die Feststellung der Verschiedenheit von Merkmalen entscheidend, so wird von Diskrimination gesprochen. Bei der Kreuzklassifikation sind beide Aspekte erforderlich, nämlich die Feststellung der Gleichheit von Merkmalen und die der Verschiedenheit von Merkmalen. Die drei übrigen Aufgabenklassen ergeben sich analog hierzu für Anforderungen, bei denen nicht Merkmale von Objekten, sondern Relationen zwischen Objekten für die Lösungsfindung entscheidend sind(Beziehungserfassung, Beziehungsunterscheidung und Systembildung).
Das Interventionskonzept
Zielsetzung des Denktrainings ist es, die Trainierten mit der Bewältigung von Anforderungen der sechs skizzierten Aufgabenklassen vertraut zu machen. Über ein intensives Üben aller Aufgabentypen soll deren Identifizierung und
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 4, 1995