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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Marcus Hasselhom, Willi Hager und Kirsten Boeley-Braun- Läßt sich die fluide Intelligenz durch das Aachener Denktraining verbessern?

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Tabelle 1: Mittelwerte(M,) und Streuungen(s,) für den CFT 20, getrennt nach Trainings­bedingungen(Denktraining vs. Kontrolltraining) und Zeitpunkt der Testerhebungen(Vortest, Nachtest, Nacherhebung) sowie Produkt-Moment-Korrelationen zwischen den drei Zeitpunkten der

Testerhebungen

Denktraining Kontrolltraining M, S M,$ Vortest(V): 18.93 6.16 19.64 5.44 Nachtest(N): 23:21 6.36 20.50 4.50 Nacherhebung(NE): 22.00 7.27 20.29 5.51 Ivy} ‚764 ‚796 TuNE} 857 ‚667 Tyne ‚764 ‚796

Regeln gefordert oder gar trainiert wird. Zweitens werden mitunter auch für das Frostig-Programm positive Effekte auf verschiedene Aspekte der Intelligenz be­richtet(z.B. Sander 1973). Diese Effek­te sollten aber vor allem durch die Wahr­nehmungskomponenten der fluiden In­telligenz vermittelt werden(vgl. dazu Elsner& Hager 1995). Da unsere kriti­sche Diskussion der Befunde von Klauer (1993a) aber gerade zu der Frage ge­führt hat, ob das Denktraining Intelli­genzsteigerungen bewirkt, die über Ver­besserungen der visuellen Wahrneh­mung hinausgehen, dürften sich gerade solche Wahrnehmungsübungen zur Ge­staltung des Kontrolltrainings für eine strenge Prüfung der Intelligenz-Trans­ferhypothese gut eignen.

Abhängige Variable

Als AV wurde der CFT 20 von Weiß (1987) verwendet, der auch bei dem we­niger erfolgreichen Prüfversuch der In­telligenz-Transferhypothese imExpe­riment Esser herangezogen worden war (Klauer 1993a). Die Wahl fiel auf die­ses Verfahren zur Erfassung der fluiden Intelligenz, da hier in keinem der Sub­tests vorrangig Wahrnehmungsanfor­derungen gestellt werden.

Durchführung

Alle Test- und alle Trainingssitzungen erfolgten in Einzelsitzungen, die in den Räumlichkeiten der Werkstätte stattfan­den. Für den Vortest, den Nachtest und die Nacherhebung wurden jeweils zwei separate Testsitzungen von etwa 20 Mi­nuten Dauer realisiert. Zwischen Vor­

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und Nachtest lag ein Zeitintervall von etwa 8 Wochen, in denen alle Versuchs­personen an insgesamt 10 Trainings­sitzungen von ca. 25 Minuten Dauer teil­nahmen.

Bei der Durchführung des Denktrainings II machte sich die Heterogenität bezüg­lich der kognitiven Voraussetzungen der Trainingsteilnehmer(innen) deutlich be­merkbar. Eine einheitliche Vermitt­lungsmethode(gelenktes Entdecken, Selbstinstruktion) ließ sich nicht reali­sieren; sie mußte den Möglichkeiten und Bedürfnissen der einzelnen Teilnehmer angepaßt werden. Bei größeren Bear­beitungsproblemen der Trainingsaufga­ben wurde bevorzugt die verbale Selbst­instruktion eingesetzt. Vor allem bei den intelligenzschwächeren Teilnehmern er­wies es sich als besonders problematisch, die Bedeutung des BegriffsRelation bzw.Beziehung zu vermitteln. Kleinere Anfangsprobleme bei der Durchführung der Wahrnehmungsübun­gen im Kontrolltraining(Das ist doch Kinderkrams!) wurden schnell über­wunden, als die Teilnehmer(innen) merkten, daß der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben variierte.

Empirische Vorhersagen und Testplanung

Die aus den Evaluationshypothesen ab­geleiteten empirischen Vorhersagen be­zogen sich auf die beobachtbare AV CFT 20. Zur Prüfung der Hypothese ei­ner bedeutsamen Performanzsteigerung durch das Denktraining wurden Lei­stungssteigerungen vom Vortest zum Nachtest für die Gruppe mit dem Denk­training postuliert, kein Leistungsabfall

in der Gruppe mit dem Kontrolltraining und zusätzlich größere Vortest-Nachtest­Differenzen in der Gruppe mit dem Denktraining gegenüber der Gruppe mit dem Kontrolltraining. Das gleiche Vor­hersagemuster wurde auch zur Prüfung der Hypothese der durch das Denktrai­ning bewirkten Kompetenzsteigerung im Bereich der allgemeinen fluiden Intelli­genz formuliert, wobei sich allerdings die Vorhersagen auf die Vortest-Nach­erhebungs-Differenzen im CFT 20 be­zogen. Die Prüfung dieser Vorhersage­muster erfolgte über gerichtete A priori­Hypothesen auf der Grundlage des va­rianzanalytischen Modells wiederholter Messungen. Dabei ergeben sich für je­des Vorhersagemuster drei testbare Ein­zelhypothesen, von denen das Zutreffen der ersten beiden als Anwendungsvor­aussetzungen für die Prüfbarkeit der zen­tralen Interaktionshypothese aufgefaßt wurden. Nur wenn sich die beiden er­sten statistischen Vorhersagen empirisch bewährten, wurde die dritte Einzelvor­hersage(Vergleich der Zuwächse beim Experimentaltraining mit denen beim Kontrolltraining) geprüft(vgl. ausführ­lich dazu Hager 1995 sowie Hasselhorn & Hager 1995b, als Anwendungsbeispiel für diese Teststrategie). Bei der in An­lehnung an Hager(1987, 1995) vorge­nommenen Versuchsplanung wurde der Fehler erster Art zur Prüfung der An­wendungsvoraussetzungen auf 5% fest­gelegt. Für die Prüfung der zentralen Interaktionshypothese wurde er auf 10% festgelegt, um bei vorgegebener Stich­probengröße empirische Testergebnisse bei Effektgrößen von etwa einer halben Standardabweichung bei noch vertret­barer Teststärke als hypothesenbestäti­gend beurteilen zu können. Da bei die­sem Vorgehen die beiden aufgestellten Wirksamkeitshypothesen jeweils über nur einen Test(Vergleich der Zuwächse; s.0.) geprüft werden, kann sich keine Kumulierung statistischer Fehlerwahr­scheinlichkeiten ergeben.

Ergebnisse

Die Mittelwerte und Standardabwei­chungen für den CFT 20 sind in Tabel­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 4, 1995