Marcus Hasselhorn, Willi Hager und Kirsten Boeley-Braun- Läßt sich die fluide Intelligenz durch das Aachener Denktraining verbessern?
le 1 getrennt für beide Versuchsgruppen sowie getrennt für die drei Meßzeitpunkte aufgeführt. Ebenfalls mitgeteilt werden in Tabelle 1 die paarweisen Korrelationen zwischen den drei Meßzeitpunkten.
Performanzverbesserungen (Vortest-Nachtest-Vergleiche)
Im ersten Auswertungsschritt wurden die aufgestellten Vorhersagemuster überprüft, die von der Hypothese geleitet waren, daß das Denktraining im Bereich der allgemeinen fluiden Intelligenz gröBere Performanzverbesserungen bewirkt als das aus Wahrnehmungsübungen bestehende Kontrolltraining. Die einzelnen Vorhersagen traten uneingeschränkt ein. Vorhersagegemäß fiel die Leistungssteigerung in der dem Denktraining unterzogenen Gruppe vom Vortest zum Nachtest beträchtlich aus(t(13)= 3.73, p<da;d= 0.68); es kam in der Gruppe mit dem Kontrolltraining nicht zu einem Leistungsabfall vom Vortest zum Nachtest(t(13)= 0.97, p> a); und schließlich erwies sich der Leistungszuwachs vom Vor- zum Nachtest in der Experimentalgruppe(Denktraining) gegenüber der Kontrollgruppe als bedeutsam größer(t(26)= 2.36, p<@; d= 0.61).
Kompetenzsteigerungen(VortestNacherhebungs-Vergleiche)
Die Hypothese, daß diesen Performanzverbesserungen auch trainingsbedingte Kompetenzsteigerungen zugrundeliegen, wurde über die CFT-Zuwächse vom Vortest zum Nacherhebungszeitpunkt geprüft. In sehr ähnlicher Weise wie schon bei der Hypothese der trainingsbedingten Performanzverbesserungen trat das abgeleitete Vorhersagemuster erneut ein, wenn auch die Effektgröße(berechnet über die standardisierte Mittelwertsdifferenz d) in diesem Falle etwas geringer ausfiel. Wie vorhergesagt, fiel die Leistungssteigerung in der dem Denktraining unterzogenen Gruppe vom Vortest zur Nacherhebung sechs Monate nach Trainingsende ziemlich beträchtlich aus(t(11)= 2.22, p<@; d= 0.46);
E Denktraining
EB Kontrolltraining
Rohwerte
Vortest
Nachtest
Nacherhebung
Abb. 1: Mittlere CFT 20-Rohwerte für die Substichprobe der Versuchspersonen mit IQ> 60, getrennt nach Meßzeitpunkt(Vortest, Nachtest, Nacherhebung) und Versuchsgruppe(Denktraining
vs. Kontrolltraining)
es kam in der Gruppe mit dem Kontrolltraining zu keinem Leistungsabfall vom Vortest zur Nacherhebung(t(13)= 0.69, p>@); und schließlich erwies sich der betrachtete Leistungszuwachs in der Experimentalgruppe gegenüber der Kontrollgruppe als bedeutsam größer(1(24) = 1.49, p< a; d= 0.39).
Zusatzanalysen
Die hypothesenkonformen Befunde zu den beiden geprüften Hypothesen sind aus methodologischer Perspektive Grund genug, auf weitere Auswertungen zu verzichten. Aus inhaltlichen Gründen entschieden wir uns dennoch zu weiteren Zusatzanalysen auf dem Individualniveau, da die Teilnehmer/innen an der Studie eine größere Heterogenität hinsichtlich ihres Ausgangsniveaus der fluiden Intelligenz aufwiesen, als aufgrund der Aktenlage zu vermuten gewesen wäre. So zeigte sich, daß 4 der teilnehmenden 28 Personen einen IQ< 60 im CFT 20(Vortest) aufwiesen(s.o.). Drei dieser vier Personen befanden sich in der Experimentalgruppe, die am Denktraining teilnahm. Bei all diesen drei Personen zeigte sich ein spezifisches Datenmuster: Sie verbesserten ihre Intelligenztestleistungen vom Vortest zum Nachtest, fielen jedoch zur Nacherhebung wieder auf das Vortest-Niveau zurück. Da ein solches Befundmuster in der übrigen Stichprobe nur noch ein ein
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 4, 1995
ziges weiteres Mal beobachtbar war, entschieden wir uns dazu, die Hypothese von der Kompetenzsteigerung noch einmal für die Reststichprobe der Kinder mit IQ> 60 zu überprüfen. Dies bot sich um so mehr auch deswegen an, als Klauer(1993a) die Intelligenz-Transferhypothese explizit auf die Lernbehinderung bezogen hatte, der Personenkreis mit IQ-Werten von 60 und weniger jedoch einheitlich als„geistigbehindert“ eingestuft wird(vgl. Stürmer 1975). Die Mittelwerte des CFT 20 der nach diesem Kriterium reduzierten Stichprobe sind in Abbildung 1 graphisch veranschaulicht.
Wie Abbildung 1 leicht zu entnehmen ist, bleibt innerhalb der Substichprobe der Trainingsteilnehmer mit IQ> 60 der positive Effekt auf die Intelligenztestleistung längerfristig erhalten. Die entsprechenden Tests zu den drei Einzelvorhersagen der Intelligenz-Transferhypothese auf der Ebene der Kompetenz(Veränderungen vom Vortest zur Nacherhebung) fallen wiederum ausnahmslos vorhersagekonform aus. Die Effektgröße für den zentralen Vergleich (größere Leistungssteigung durch das Denktraining im Vergleich zum Kontrolltraining) ist mit d= 0.71 in einer durchaus beachtenswerten Größenordnung.
Rechnet man die Rohwerte des CFT 20 in IQ-Werte um, so zeigt sich, daß in der Gruppe mit dem Denktraining der IQ von durchschnittlich 78.9 zum Vor
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