Manfred Beck und Annette Mock- Aufmerksamkeitsförderung in der Schule
Studie 1 DAT(richtige Lösungen)
— TrainiNgSgruppe = Uuntrainierte Kontrollgruppe ........ Hausaufgabenhilfe
Studie 2 DAT(richtige Lösungen)
—r TFainiNgSgruppe == Uuntrainierte Kontrollgruppe
Studie 3 DAT(richtige Lösungen)
— TFaININGSGrUPPE = Alternativtraining ven...... Spielgruppe
Abb. 2: Leistungsentwicklung im Dortmunder Aufmerksamkeitstest
eines Schulpsychologischen Dienstes einzusetzen.
Die in den Studien 1 und 2 praktizierte Verfahrensweise, nämlich ohne ausführliche Diagnostik und ohne differentielle
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Indikation bei einer inhomogenen Grup
penzusammensetzung das Trainingsmo
dul„Basistraining‘“ in Schulen einzusetzen, erscheint wenig erfolgversprechend, weil abgesehen von geringeren
Coaching-Effekten(in den letzten Sit
zungen des Basistrainings werden Auf
gaben trainiert, die den DAT-Items ähnlich sind) keine nennenswerte Effekte feststellbar waren, die auf das Training zurückgeführt werden konnten. Bei der stärker„klinischen“ Stichprobe und homogenerer Gruppenzusammensetzung in
Studie 3(unter Ausschluß extrem hyper
aktiver Kinder) zeigten sich enorme
Leistungssteigerungen im CMM 1-3 und
im DAT, bei deutlicher Überlegenheit
gegenüber einem Alternativtraining.
Diese Ergebnisse sprechen dafür, daß
auch bei Gruppenanwendungen in der
Schule, also bei einer erweiterten Reich
weite des Trainings, eine differentielle
Indikation zu stellen ist und relativ
homogene Kleingruppen zusammenge
stellt werden sollten.
In einer weiteren Bielefelder Untersu
chung werden z.Zt. sowohl das Modul
Basis- als auch das Strategietraining ein
gesetzt. In dieser Studie wird auch eine
Follow-up-Erhebung erfolgen.
Die fast durchgängige Leistungsstei
gerung auch bei Kontrollgruppen, also
allein aufgrund des Retests, die in den hier referierten Studien, aber auch in
anderen Trainingsevaluationen(z.B.
Hasselhorn& Hager 1995) zu verzeich
nen sind, scheinen uns einer näheren
Untersuchung wert.
Abschließend seien die pädagogischen
Konsequenzen unserer Ergebnisse ge
nannt:
1. Angesichts der systematischen Überschätzung der Anzahl aufmerksamkeitsgestörter Schülerinnen und Schüler seitens der Lehrkräfte(Lauth& Schlottke 1993) sowie der Inhomogenität dieser Zielgruppe(vom extrem trödelnden Arbeitsstil bis zur schweren Hyperaktivitätsstörung), erscheint uns eine diagnostische Unterstützung
der Lehrkräfte durch die Schulpsychologischen Dienste vor der Anwendung eines solchen Trainings geboten.
. Bei entsprechender Zusammenset
zung der Förder-Kleingruppen ist ein gutstrukturiertes Training— wie das von Lauth& Schlottke— unter der Anleitung von Beratungslehrerinnen bzw. Beratungslehremn(ggf. bei Supervision durch einen Schulpsychologischen Dienst) durch qualifizierte Honorarkräfte mit Erfolg einsetzbar.
. Die Ergebnisse der Dortmunder Ar
beitsgruppe von Lauth(persönliche Mitteilung) deuten darauf hin, daß die Elternarbeit, auf die bei unseren Studien verzichtet worden ist, ein bedeutsames Element zur Steigerung des Trainingserfolges darstellt.
. Die erhebliche Leistungssteigerung,
die sich bei den meisten Kontrollgruppen alleine aufgrund der Meßwiederholung mit Intelligenz- und Aufmerksamkeitstests ergibt, veranlaßt uns zu der Empfehlung, im regulären Unterricht systematisch solche Aufgabentypen vorzugeben und geeignete Lösungsstrategien entwickeln zu lassen. Diese Auffassung wird durch die Tatsache gestützt, daß in unseren Untersuchungen vermutlich nur zum Teil eine klinische Stichprobe vorhanden war, die möglicherweise nur durch ein aufwendiges klinischpsychologisches Programm mit Erfolg zu behandeln ist. Die von uns untersuchten Kinder dürften insgesamt eher der Gruppe mit allgemeinen Aufmerksamkeitsstörungen(„Konzentrationsstörungen““) entstammen, die nach Angaben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales das Landes Nordrhein-Westfalen (1988) zwischen 10 und 40% der Schulpopulation ausmacht. Bei diesen Kindern scheinen aber allein die Übungseffekte von Wahrnehmungsund Denkaufgaben z.T. erstaunliche Effekte zu zeitigen.
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 4, 1995