Veränderte Kinder— veränderte Schule?
Befragung von LehrerInnen der Schulen zur individuellen Lernförderung(Sonderschulen für Lernbehinderte) im
Regierungsbezirk Unterfranken
Von Erwin Breitenbach und Andrea Reuter
169 Lehrkräfte an 18 unterfränkischen Schulen zur individuellen Lernförderung(Sonderschule für Lernbehinderte) wurden nach den Auffälligkeiten ihrer SchülerInnen und nach dem Ausmaß, in dem sich diese in den letzten 5 bis 10 Jahren verändert haben, gefragt. Zusätzlich sollten die Lehrkräfte angeben, welche Auffälligkeiten sie besonders belasten und ob sie sich dieser Belastung gewachsen fühlen. In einem letzten Teil wurden die Lehrkräfte noch nach Möglichkeiten gefragt, die für ihre Arbeit hilfreich wären und nach Vorstellungen, wie sie ihre Schule gerne verändern würden. Nach den Angaben der Lehrkräfte kann man von einer deutlichen Veränderung im Störungsbild der SchülerInnen ausgehen, vor allem was hyperaktives, aggressives Verhalten, aber auch die schulische Leistungsfähigkeit betrifft. Durch diese Veränderungen fühlen sich die LehrerInnen besonders belastet, aber dennoch grundsätzlich ihren Aufgaben gewachsen. Hilfe in dieser Situation erwarten sie sich in erster Linie von außerschulischen Fachleuten und weniger von schulsysteminternen Möglichkeiten wie Schulbehörde oder Kollegen und Kolleginnen.
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169 teachers at 18 special schools for children with learning disabilities were asked about the anomalies their pupils show. Furthermore, they should indicate the extent of the changes which have occured during the last 5 to 10 years. The teachers were also asked to indicate, which of these anomalies weighed especially hard on them and whether they felt up to their task. Finally, the teachers were asked about their ideas to help them with their educational work and about concepts apt to change the situation at their schools. The teachers’ statements convey that the disorders of their pupils have changed significantly, above all those concerning hyperactive, aggressive behaviour, as well as the pupils’ performance at school. The teachers feel especially strained by that, but think that they are, in general, equal to the situation. They expect help rather from specialists who are not directly involved in educational affairs than from the school department or from their colleagues.
Einleitung
Gewalt an den Schulen nehme zu, die Fähigkeit sich sprachlich korrekt auszudrücken nehme dagegen ab und verarme zusehends, die Zahl motorisch unruhiger Kinder steige angeblich wiederum an, sozial-integratives, altruistisches Denken und Handeln falle Individualismus und Egoismus zum Opfer. Solche und ähnliche Aussagen sind seit geraumer Zeit im Rahmen einer Diskussion über veränderte Kindheit und der sich daraus ergebenden Forderung nach veränderter Schule immer wieder zu hören
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und zu lesen. Seit Mitte der 80er Jahre versuchen Wissenschaftler, diese subjektiven Eindrücke und Behauptungen mit Hilfe empirischer Forschungsarbeiten zu überprüfen.
Erste großangelegte und aussagekräftige Studien stammen von Bach et al. (1984) und Bäuerlein et al.(1988). Unkonzentriertheit, motorische Unruhe, Passivität im Unterricht, verbale Aggression und Lernschwierigkeiten sind Auffälligkeiten, die von den in diesen Untersuchungen befragten Lehrkräften übereinstimmend am häufigsten genannt werden. Die schulartspezifische Auswer
tung in der Studie von Bach et al.(1984) ergab, daß die erhobenen Auffälligkeiten mit wenigen Ausnahmen verglichen mit anderen Schularten in Sonderschulen signifikant häufiger anzutreffen sind. Studien aus dem Sonderschulbereich legten ihren Untersuchungsschwerpunkt neben sozialemotionalen Schwierigkeiten der Schüler vor allem auf deren Entwicklungsprobleme, die auch oft als Teilleistungsstörungen beschrieben werden. Zwei bayerische Schulversuche KEsST (Konzeption zur Eingliederung sprachbehinderter Kinder mit Teilleistungsstörungen) und INTEKIL(Integration
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XXI, Heft 4, 1995