dementsprechend die Altersverteilung vorgenommen. Durch Erhöhung der Kinderzahl in der letzten Altersgruppe wurde erreicht, daß für die Jahrgänge 8-11 je SO Volks- und Hilfsschulkinder zum Vergleich zur Verfügung stehen.
Die Versuche wurden nach den Anweisungen des Testautors von 6 Sonderschullehrern— 3 Damen und 3 Herren— im Rahmen ihres Studiums für das Lehramt an Hilfsschulen durchgeführt?.
III. Beobachtungen und Erfahrungen
Die Aufgabenstellung wurde allgemein verstanden. Lediglich bei einigen der jüngeren Hilfsschulkinder gab es Verständnisschwierigkeiten.
Der Zeitbedarf lag durchschnittlich bei 15-20 Minuten, nur selten darüber, z.B. bei ängstlichen oder behutsamen oder sehr sorgfältig arbeitenden Kindern mit „Qualitätsehrgeiz‘“. Für manche vielleicht unerwartet, tendieren die Hilfsschulkinder dazu, vergleichsweise eher weniger Zeit zu beanspruchen, weil sie nach dem Eindruck aller Versuchsleiter etwas schneller(und weniger sorgfältig) arbeiten. Die spezifische Vorerfahrung aller Hilfsschulkinder bezüglich der Testsituation schien hierbei eine Rolle zu spielen. Aber auch bei diesen gibt es Ausnahmen, die relativ viel Zeit brauchen.
Der Test wurde allgemein mit Zustimmung aufgenommen und als ansprechend empfunden. Jüngere Kinder freuten sich an den kräftigen Farben und an den„Bildern“. Ältere(wie auch die intelligenteren) entwickelten bald einen ausgesprochenen Leistungsehrgeiz und bemühten sich intensiv, möglichst viele Aufgaben zu lösen. Intelligenzschwache Kinder konnten hier ungetrübte Leistungsfreude erleben, weil Versager weder erkannt noch mitgeteilt werden und die Aufgabe lediglich darin besteht, auf ein Auswahlstück zu tippen. Ängstliche und gehemmte Kinder wurden im Verlauf des Tests freier, lockerer; jedoch konnte bei ihnen wie bei den sehr gewissenhaften der Hinweis, sorgfältig zu wählen, die Entschluß- und Lösungsfreudigkeit deut
Karl Josef Klauer+ Der Progressive-Matrices-Test(1964)
lich beeinträchtigen. Es wird zweckmäBig sein, diesen an sich vorgesehenen Hinweis nur dann zu geben, wenn es angebracht erscheint.
Hilfsschulkinder waren im Vergleich zu den Volksschulkindern im allgemeinen — also von Ausnahmen abgesehen— etwas entschlußfreudiger, mit ihrer Leistung eher zufrieden, aber auch durch kritische Fragen(„Ist das richtig?‘“) eher zu verunsichern.(Zufriedenheit mit der eigenen Leistung setzt selbst bei Überforderung nicht eine Täuschung über den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe voraus; man vergleiche hierzu Klauer, 1961, S. 174).— Den Untersuchern fiel nicht auf, daß Hilfsschulkinder abweichend von den Volksschulkindern bestimmte Fehler bevorzugen, sie bemerkten keine für die Hilfsschulkinder„typischen“ Fehler.
Allgemein entstand der Eindruck, der PMT könne Knaben vielleicht etwas stärker ansprechen als Mädchen. Unter den älteren Hilfsschulmädchen waren einige, die sich betont uninteressiert gaben, andere zeigten sich unsicher, zweifelnd, ängstlich-besorgt.
Dennoch kann man zusammenfassend feststellend, daß die Aufgabenstellung des PMT allgemein ohne Schwierigkeiten verstanden wurde und daß der Test durchweg anzusprechen und zu interessieren vermochte. Die meisten Kinder absolvierten ihn sehr gerne.
IV. Darstellung der Ergebnisse
a) Vergleich zwischen Volksund Hilfsschulkindern
Zunächst vergleichen wir die Leistungen von 200 Volksschulkindern mit denen von 200 Hilfsschulkindern des Altersbereichs 8;0—-11;5. Aus der Tabelle 2 kann man die drei Mittelwerte,
die Streuung und den jeweils erfaßten Bereich ablesen.
Der Durchschnittswert, das arithmetische Mittel, zeigt deutlich eine durchschnittlich höhere Leistung der Volksschulkinder. Die Differenz wird noch größer beim Zentralwert, der angibt, welchen Wert 50% der Gruppe, von einem Extrem aus gerechnet, erreicht haben. Am prägnantesten ist der Unterschied jedoch beim Gipfelwert, jenem Wert, der jeweils die größte Anzahl von Kindern auf sich vereinigen konnte. Die Standardabweichung ist bei den Volksschulkindern größer, wenn diese auch einen etwas geringeren Bereich einnehmen. Berücksichtigt man jedoch den niedrigeren Mittelwert der Hilfsschulkinder, wie das beim Variabilitätskoeffizienten erfolgt, so zeigen die Hilfsschulkinder eine mäßig größere Variabilität als die Volksschulkinder. Der Variabilitätskoeffizient beträgt bei den Volksschulkindern V= 26,1 und bei den Hilfsschulkindern V= 28,4.
Die Differenz zwischen den Durchschnittswerten der Volks- und Hilfsschulkinder ist hochsignifikant gesichert (CR= 9,98, P< 0,01). Die durchschnittlich niedrigere Leistung der Hilfsschulkinder ist also sicher nicht zufällig entstanden. Nun ist die Standardabweichung ein Maßstab für die Streuung: die mittleren 68% der Volksschulkinder liegen im Bereich von 23,3+ 6,1 Punkten. Dem entspricht bei den Hilfsschulkindern ein Bereich von 17,7+ 5,05 Punkten, d.h. beide Bereiche überschneiden sich. So deutlich also die Gruppen bei diesem Test unterschieden sind, ist doch nicht zu erwarten, daß der Test im Einzelfall bezüglich der Schulzugehörigkeit sehr gut zu differenzieren vermag, weil Hilfsschulkinder bei diesen Aufgaben zwar im allgemeinen weniger leisten, aber nur in relativ geringem Ausmaß. Wir werden hierauf noch zurückkommen. Nach
Tabelle 2: Mittelwerte, Streuung und Bereich
Alter Schul- N
Durch- Zentral- Gipfel- Standard- Bereich
art schnitt wert wert abweichung 8;0-11;5 VS: 200-:23,33. 23,5 26 6,10 26(10-36) 8;0-11;55 HS 200 17,74 16,5 15 5,05 28( 5-33)
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994
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