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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Karl Josef Klauer+ Der Progressive-Matrices-Test(1964)

dern und Erwachsenen die gleichen Auf­gaben, so ist auch der Schwierigkeitsgrad für beide verschieden. Das Kind wird daher häufig überfordert,so daß zahl­reiche seiner Bekundungen nicht Cha­rakteristika der Entwicklungsstufe, son­dern(allenfalls stufengemäß modifi­zierte?) Überforderungsphänomene dar­stellen, die nicht grundsätzlich andere sind als die des Erwachsenen, der frei­lich sehr viel seltener überfordert wird (1961, S. 204).

Daß selbst charakterologische Unter­schiede bei gleichem(hohem) Leistungs­niveau zu typischen Fehlern im PMT führen können, wurde von Seeger nach­gewiesen. Wichtig erscheint ihre Be­obachtung bei hochintelligenten Er­wachsenen, daß es nicht gleichgültig ist im Hinblick auf die Art der Fehler, ob der Proband die Aufgabe verbalisiert, d.h. leise kommentiert, vor sich hin­spricht.

Die Tatsache, daß Intelligenztests nicht die ererbte Intelligenz prüfen, trifft eben­falls nicht nur für den Fall des PMT zu. Die im Test gezeigten intellektuellen Lei­stungen sind sowohl von der ererbten Begabung als auch von der Gunst oder Ungunst der Entwicklungsbedingungen und den Vorerfahrungen abhängig. Dies wurde speziell für den PMT von franzö­sischen Forschern durch Untersuchun­gen bei afrikanischen Negern belegt (Berlioz; Ombredane& Robaye). Aus solchen und vielfältigen anderen Unter­suchungen ist bekannt, daß das spätere intellektuelle Niveau auch von Fakto­ren der Umgebung beeinflußt wird ein Gesichtspunkt, der für eine(wörtlich verstandene) Heilpädagogik besonders wichtig zu sein scheint.

Zum Problem der Valididät des PMT im engeren Sinne kann darauf hingewiesen werden, daß Raven von einer brauchba­ren Korrelation mit der Terman-Merill­Version des Binetariums(0,66+ 0,06 und besser) sowie von einer ebenso ho­hen Korrelation mit dem Crichton­Wortschatztest(0,65+ 0,07) berichtet. Für die Erwachsenenserie A, B, C, D, E wurde von Sir Cyril Burt eine Sättigung mit dem g-Faktor in Höhe von 0,82 er­rechnet. Rimoldi fand in einer faktoren­analytischen Studie der Erwachsenen­

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serie mit 14 anderen nichtverbalen Tests nur im PMT einen FaktorInduktives Denken; außerdem spielte bei diesem Test noch der FaktorRäumliches Wahr­nehmen eine Rolle(nach Raven, 1960, S. 2 und Anastasi, 1959, S. 262).

Die Reliabilität des PMT schwankt nach den Angaben von Raven zwischen 0,80 und 0,90(Test-Retest-Korrelation). Da­mit ist er hinreichend zuverlässig. Die Auswertung ist objektiv und zweifelsfrei möglich.

Beim PMT wird kein IQ berechnet, ob­schon dies testtheoretisch durchaus mög­lich wäre. Der Autor zieht es vor, das eigentliche Endergebnis in Form eines Prozentranges auszudrücken. Der Pro­zentrang zeigt an, welchen prozentua­len Rang ein Kind mit diesen Leistun­gen innerhalb seiner Altersgruppe der Eichstichprobe einnimmt.

Hierzu ein Beispiel: Prozentrang 10 be­deutet, daß 90% der Kinder dieser Al­tersgruppe aus der Eichstichprobe Bes­seres geleistet haben.

Der Prozentrang kann schließlich noch einer Skala von 5 /ntelligenzgraden zu­geordnet werden.

Beispiel: Prozentrang 10 entspricht dem Intelligenzgrad IV(= unterdurchschnitt­liche Intelligenz). Hierzu gehören alle Kinder, deren Prozentrang zwischen 5 und 25 liegt.

Der Autor teilt Normen(von denen der Prozentrang abzulesen ist) für Kinder über 5 und unter 11% Jahren mit. Diese Normen wurden an 608 Schulkindern aus Dumfries, Schottland, gewonnen. Deutsche Normwerte liegen bislang nicht vor.

In der neuesten Ausgabe werden auch (etwas komplizierte) Unterlagen für eine qualitative Fehleranalyse beigebracht. Dadurch wird es möglich festzustellen, bei welchen Aufgabetypen das Kind vor­zugsweise versagt, ob bestimmte Fehler ungewöhnlich häufig vorkommen und wie der Autor meint gelegentlich auch, warum diese Fehler entstehen. Aufgrund unserer Ergebnisse werden wir unten in Übereinstimmung mit anderen Autoren hierbei jedoch zu vorsichtiger Zurück­haltung mahnen müssen.

II. Anordnung und Durchfüh­rung der Versuche

In den Jahren 1960/61 haben wir 200 Volksschulkinder im Alter von 6-7 Jah­ren, 200 Volksschulkinder im Alter von 8-11% Jahren und 200 gleichaltrige Hilfsschulkinder mit dem PMT getestet. Die Stichprobe ist ähnlich wie Ravens Eichstichprobe räumlich begrenzt: alle Kinder wohnten in der Stadt Aachen oder in den kleineren Industriestädten Eschweiler und Stolberg oder in der Bergwerksgemeinde Merkstein, sämtlich im Kreis Aachen. Mann kann daher von der Aachener Stichprobe sprechen. In­nerhalb dieses Rahmens wurden die Kin­der nach Gesichtspunkten der Zufalls­auslese gewählt und jede Berücksichti­gung soziologischer Variablen sorgsam vermieden doch darf man schon durch die Wahl der Schularten eine soziologi­sche Begrenzung unterstellen.

Da die Originalnormen nach Halbjahrs­einheiten aufgestellt sind, haben wir

Tabelle 1: Verteilung der Probanden nach Lebensalter, Schulart und Geschlecht

Altersstufe Hilfsschule Volksschule Mädchen Knaben Gesamt Mädchen Knaben Gesamt

6;0- 65--- 25 25 So 66- 6;11--- 25 25 So 10- 7;5=-- 25 25 50 16- 11--- 25 25 50 8;0 8;5 nn 13 25 12 3 25 8;6 8;11 12 13 25 12 3 25 90- 9;5 12 13 25 12 13 25 9%6- 9;11 12 13 25 12 13 25 10;0 10;5 12 13 25 12 BB 25 10;6 10;11 12 13 25 12 BB 25 11;0 11;5 25 25 50 25 25 50 Gesamt 97 103 200 197 203 400

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XX, Heft 4, 1994

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