Heft 
(2016) 101
Seite
46
Einzelbild herunterladen

46 Fontane Blätter 101 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Ereignissen meines Lebens nicht versagen, beehre ich mich Ihnen meine Verlobung mit einem braven Mädchen anzuzeigen, welches die Eigen­schaften besitzt die Sie mir anempfohlen haben, und versichere Sie meiner innigsten Hochachtung und daß ich Sie verehre Euer. Wohlgeboren/ Plaue d 29 t . Nov 31. GehorsamsterDr CWiesike« 4 Wie der Brief Wiesikes an Hahnemann preisgibt, orientiert sich selbst seine Partnersuche an Hahnemanns Ratschlag. Die späteren Eheleute ­Wiesike vertrauten dann der homöopathischen Therapie Hahnemanns nicht nur im Blick auf ihre eigene Gesundheit. Sie nutzten ihre Kenntnisse, Möglichkeiten und Interessen, um homöopathisch zu wirken, indem sie die havelländische Flora und ausgewählte Heilkräuter kultivierten, um sich und ihre im wahren Sinne Landsleute zu therapieren. Wiesike befolgte also die Aufforderung Hahnemanns, und sein therapeutischer Erfolg gab ihm Recht. Dieser sprach sich im Havelland herum, und nur durch die Hil­fe seiner Frau konnte er den Ansturm der Patienten bewältigen. Dass er die Hilfsbedürftigen umsonst behandelte, erklärt auch den massenhaften Zu­lauf, so dass häufig Dutzende Fontane spricht von Hunderten zeitweise auf seinem Anwesen lagerten. Der Plauerhof mit der Villa Wiesike»wurde nunmehr ein Wallfahrtsort für die Kranken und Gebrechlichen des Havel­landes, die zu vielen Hunderten kamen und, auf Flur und Treppenstufen und, als ihrer immer mehr wurden, auch wohl im Freien lagernd, die Hilfe des Wunderdoktors anriefen.[] Das ging so durch Jahre hin.« 5 Auch hier war Hahnemann Vorbild. Aus einem 1991 in der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung, der ältesten medizinischen Fachzeitschrift, veröffentlichten Briefwechsel mit der Schwägerin von Wiesike, Charlotte, der sich von 1833 bis 1835 erstreckte, stellte Hahnemann Ferndiagnosen von ihrer, ihrer»Mamsell« und deren Tochter gesundheitlichen Problemen und schickte ihnen die Arzneien zu. Berechnet wurde nur die Arznei, nicht Diagnose und Therapievorschlag. Auffällig dabei ist, dass Hahnemann, für die damalige Zeit sicher ungewöhnlich, Diätetik und Lebensgewohn­heiten in die Therapie einbezog. Wir werden dieser Therapieform noch in einem andern Kontext begegnen. Ebenso informativ ist Hahnemanns Gruß an den Schwager der Charlotte­Wiesike, eben an unseren Carl Ferdinand. Sie muss ihm wohl allgemein von Carl Ferdinands homöopathischem Engagement berichtet haben, denn anders ist die Reaktion von Hahnemann nicht zu verstehen: »Ihr Herr Schwager ist wohl in Potsdam? Arzt? Wenigstens hat er in der Homöopathie sich wohl umgesehen. Ich bitte mich ihm und dem Herrn Ge­mahl bestens zu empfehlen.« 6 Wiesikes Therapieerfolge blieben selbstredend der Zunft nicht verbor­gen und riefen bei den Apothekern und Schulmedizinern die üblichen Re­flexe hervor. Ähnlich Hahnemann, dem man, obwohl schulmedizinisch bis zur Habilitation nobilitiert, gerichtlich die Herstellung und Verteilung