Heft 
(2016) 101
Seite
119
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Vom Glück der Freundschaft  Sagarra 119 ­Schrift­stel­lermetier[s]« 10 , dem er»immer neue Bilder für seine Kunst abge­winne«. 11 Überhaupt dienten ihm seine Briefe als Einübung für den so cha­rakterischen Fontaneschen ironischen Humor und Lust an kleinen Gewagt­heiten. 12 »Generation ist Schicksal«, heißt es zurecht: Fontane hatte das Glück, als Schriftsteller in bewegten aber auch sehr geselligen Zeiten gelebt zu haben und mit sehr vielen und unterschiedlichen Lebenskreisen in Kontakt gekommen zu sein. Die Rolle von Tunnel, Rütli, Ellora für seinen Werdegang als Künstler braucht freilich nicht eigens erörtert zu werden. Fontane war ein gern gesehener und guter Gesellschafter, neugierig, kluger Beobachter und kontakt- und(meist!) menschenfreundlich. Was nicht besagen will, dass er vor allem in jüngeren Jahren nicht eher der Nehmende als der Gebende war, wie etwa aus der Korrespondenz mit dem ihm charakterlich überlegenen Wilhelm Wolfsohn herauszulesen ist.(Und wo das nicht ging, blieb die Freundschaft stecken.) So empathisch er in der Charakterisierung seiner Freunde sein konnte, ist dennoch ein egoistisches Element oft nicht zu übersehen. Das gilt vor allem gegenüber jenen, denen er sich in ir­gendeiner Weise überlegen glaubte, man denke an die verblüffende Takt­losigkeit, ja Gefühllosigkeit seiner Äußerungen über ›den jüdischen Geist‹ gegen Friedländer. 13 Alle dienten ihm, dem Dichter, aber sehr viel Zeit, die er eigentlich sei­ner Kunst schuldete, widmete er der Pflege jeder Freundschaft, so Besuche, Empfangen von Besuch und einfühlsame Gratulations- bzw. Trauerbriefe. Fontane besaß die schöne Gabe, bei manch irritierender Charakteristik doch seine Dankbarkeit für erwiesene Freundschaftsdienste stets und sorgfältig ausdrücken zu wollen. 14 Ein doppeltes Freundschaftsglück war die intime Freundschaft, die Henriette von Merckel seiner Frau bot und die ihr während Fontanes ›Londoner Exil‹ so nötig war, 15 oder die mit Zöllners: Karl Zöllners humorvolle Verständigkeit und Liebenswürdigkeit bauten oft Brücken zwischen dem leicht reizbaren Fontane und anderen Freunden ih­res Kreises. 16 Und die Spannbreite seiner Frauenfreundschaften, gespiegelt in den Briefen! Alte und ältere Damen, wie Mathilde von Rohr und Frau von Mer­ckel entlockten ihm genauso eloquentes Schreiben wie jüngere, unter ih­nen Clara Stockhausen, ›Ludchen‹ Hesekiel oder Paula Schlenther. Und alle wurden in irgendeiner Weise zum ›Stoff‹ für den Dichter oder wie Frl. von Rohr belieferten ihn mit Material oder vermittelten ihm nötige Bekanntschaften. Im ganzen gesehen war er also doch ein Glückspilz, namentlich in sei­nen Freunden was er zuweilen auch zugab so etwa im siebten Kapitel der Jugenderinnerungen:»Daß es mir in meinem Leben so gut gegangen