Heft 
(2016) 102
Seite
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10 Fontane Blätter 102 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes Geboren wurde Franz Xaver Riß 3 am 21. November 1869 in Rain am Lech, einem kleinen schwäbischen Städtchen nördlich von Augsburg. Er besuch­te die Schule in seinem Geburtsort und in Dillingen, ab 1886 das Königlich­bayerische Gymnasium bei St. Stephan in Augsburg. Von 1888 bis 1892 war er Stipendiat am Maximilianeum in München. Er studierte Philologie und Rechtswissenschaften. In der Zeit, als er sich mit seinem ersten Brief an den damals berühmten und hochbetagten Berliner Schriftsteller Theodor­Fontane wandte, lebte er als junger Refe­ren­dar in Rosenheim. 1898, im Todesjahr Fontanes, war Franz Xaver Riß bereits dritter Staatsan­walt in München. Er war 29 Jahre alt. Im selben Jahr heiratete er seine Ehefrau Ida Gnaz. Die Familie lebte mit ihren drei Kindern zunächst im Münchner Stadtteil Haidhausen, später in Bogenhausen. Rasch ging es die Karriereleiter aufwärts. 1919 wurde Franz Riß Amtsgerichtspräsident in München, ein Amt, das er bis 1924 innehatte. Über die Rolle von Franz Riß in der Zeit der Münchner Räterepublik und des versuchten Hitler-Putsches ist nichts Näheres bekannt. Auf eigenen Wunsch wurde er frühzeitig in den Ruhestand versetzt. Neben seiner beruflichen Tätigkeit übte er zahlrei­che Ehrenämter aus im Bayerischen Richterverein, im Deutschen Rich­terbund und im Bayerischen Beamtenbund. Außerdem war er Kurator der Jugend­anstalten Münchner Jugendheim und Neuherberg. Dem national­sozialistischen Regime stand er ausgesprochen distanziert gegenüber, die Geschehnisse jener Jahre begleitete er mit kritischen Kommentaren, die allerdings privat blieben. 1937 zog die Familie in die Säbener­straße an den Stadtrand von Mün­chen nach Harlaching. Das Stadtreihenhaus, das sie dort bewohnte, wurde 1943 von einer Fliegerbombe zerstört. Die Bewohner wurden evakuiert und provisorisch im Pfarrhof von Reichenkirchen in der Nähe von Erding untergebracht. Erst drei Jahre nach Kriegsende 1948 konnte die Familie in die Säbener­strasse zurückkehren. Als Franz Xaver Riß 1950 um Auskunft über seine berufliche Laufbahn bat, weil er sich dem Justizdienst wieder zur Verfügung stellen wollte, wur­de seinem Anerbieten unter Hinweis auf die Vorschrif­ten über die Alters­grenze nicht entsprochen. Er stand in seinem 82. Lebensjahr. Das Ableh­nungs­schreiben, das er am 4. Dezember 1950 erhielt, es war vom damaligen Staatssekretär am Bayrischen Staatsministerium der Justiz Dr. Konrad un­terzeichnet, zeugt im Übrigen von der großen Hochachtung, die sich Franz Xaver Riß erworben hatte. Da seine Personal­akte durch einen Luftangriff im Jahre 1944 vernichtet worden war, wurden die Versorgungs­unterlagen her­bei­gezo­gen, um seinen Werdegang zu rekonstruie­ren. Außerdem wur­den in diesem Schreiben die Verdienste aufgezählt, die sich Franz Riß durch seine Ehrenämter erwor­ben hatte. So blieb es denn beim Ruhestand in der Säbenerstraße. 1957 starb seine Ehefrau Ida Riß. Franz Xaver Riß