Heft 
(2016) 102
Seite
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Theodor Fontane und Franz Riß  Rodenhauser 11 wurde 91 Jahre alt und starb 1960. Beigesetzt wurde er in der Familien­­grab­stätte auf dem Ostfriedhof. Franz Riß war Jurist mit Leib und Seele. Er hat zahlreiche Fachbücher und Abhandlungen über Rechtsfragen veröffentlicht. Aber er interessierte sich, besonders als junger Mann, auch für Kunst und Literatur. Am 10. De­zember 1893 wandte er sich mit einer Anfrage an Fontane, weil er über ihn schreiben wollte, und erhielt bereitwillig Auskunft. Der Essay, den Riß da­raufhin über Fontane schrieb, erschien im Juli 1894 in der illustrierten Münchner Zeitschrift Allgemeine Kunst-Chronik. 4 Fontane, der dieses Heft offenbar erst mit einiger Verspätung erhalten hatte, erkundigte sich am 9. November 1894 wahrscheinlich bei dem Herausgeber der Zeitschrift P. Albert nach der Adresse des Verfassers, weil er sich persönlich bedanken wollte. Auch dieser Brief fand sich in dem kleinen Konvolut im Besitz meiner Familie. Er wurde offenbar nach Rosenheim weiter­geschickt. Der ganze letzte Absatz, der ein großes Kompliment für Franz Riß enthält, ist unter­strichen. Einen Brief mit Neujahrsgrüßen, den Franz Riß am 2. Januar 1895 an Fontane sandte, beantwortete dieser postwendend am 5. Januar. Aus seiner Antwort geht auch hervor, dass Franz Riß am 2. Januar 1895 um Bü­cher für einen geplanten zweiten Essay gebeten hatte, die ihm der Dichter zusagte. Um welche Werke es ging, verrät der Brief, mit dem Fontane am 26. Februar bei seinem Verleger um die Expedierung eines Buchpaketes bat. Natürlich kam ilhelm Hertz dem Wunsch seines Autors nach, und natür­lich stellte auch Fontane seinerseits zusammen, was seinem jungen bayeri­schen Bewunderer noch fehlte, und so konnte er ihm am 28. Februar zwei Bücherpakete ankündigen. Der Jahreswechsel zu 1896 bot nochmals Anlass zum Austausch von Aufmerksamkeiten, Riß berichtete offenbar auch von den Mühen seiner Schreibarbeit. Am 28. Juni 1896 bedankte sich Fontane in bester Laune für die Zusendung des neuen, umfangreicheren Essays, von dem der erste Teil in der Zeitschrift Neue Litterarische Blätter erschienen war. 5 Vermutlich hatte ihm Franz Riß selbst ein Heft zugesandt. Humorvoll kostet Fontane die verschiedenen Konsequenzen der Behauptung aus, dass sich das Wis­sen als Feind des Dichters erweist und rettet sich schließlich mit dem Ka­lauer»na, wenns kein Klavier is, is es wenigstens ein Disch«, und setzt selbstironisch noch oben drauf:»wenns kein richtiger Dialog is, is es we­nigstens eine Miscellen­sammlung«. Die beiden Briefe vom 20. und 27. Juli 1896 berichten von einer letztlich glücklich endenden Post-Odyssee und vom Eintreffen des 2. Teils des Aufsatzes, der Fontane ebenfalls gut gefal­len hat. In seinem Dankesbrief lässt er auch seine Selbstzweifel erkennen, die ihn beim Schreiben seines letzten großen Roman plagten, der gerade im Entstehen war.