Heft 
(2016) 102
Seite
132
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132 Fontane Blätter 102 Vermischtes Mit Zopf und Knebelbart. Adolph Menzels Albumblatt für Theodor Fontanes Tunnel-Album Klaus-Peter Möller Das vielleicht berührendste Kunstwerk, das Theodor Fontane besessen hat, es war ihm nicht nur geschenkt und zugeschrieben worden, es wur­de extra für ihn geschaffen, befindet sich heute in den Harvard Art Mu­seums. Man kann es auf der Internet-Seite des Museums-Verbundes pro­blemlos finden und ansehen(www.harvardartmuseums.org/art/298132). Es handelt sich um eine Gouache von Adolph Menzel. Der Titel The Statue ist fingiert und verrät kaum etwas über den Bildinhalt, den erklärenden Text oder den Entste­hungs­zusammenhang des Blattes. Was ist das für eine Plastik, muss man sich fragen, die da in die Bild­mitte gestellt ist, hell glän­zend und durch Sockel und Perspektive herausgehoben, und was ist das für ein dunk­ler Fleck, der sich direkt daneben störend breitmacht, das klare Marmor-Monument tangierend, was ist das für ein nieder­trächtiger, schwarz gekleideter, bärtiger Kerl, der da auf eine unerhörte, rücksichtslo­se Art zudring­lich zu der erha­be­n­ en Statue uf den Sockel gestiegen ist und sie mit profaner Hand buchstäblich»angreift«? Dieses Blatt steht am Beginn der komplizierten Freundschaft von Theodor­Fontane und Adolph Menzel. Die Korrespondenz, die der Maler und der Dichter über beinahe fünf Jahrzehnte führten, ­setzt mit einem Briefwechsel über dieses Bild ein. Und man gewinnt den Eindruck, dass mit diesem kleinen Kunstwerk und den Briefen darüber die Beziehung die­ser beiden faszinierenden Persön­lich­keiten bereits besiegelt ist. Das Blatt ist eine Provokation, besonders durch den Kontext, in dem es präsentiert wurde, und wie es scheint, löste es bei seinem Empfän­ger tatsächlich Missverständ­nis­se aus. Dabei musste er es nicht unbedingt als Angriff ­l­esen, sondern konnte auch eine ung­ ewöhn­liche Homma­ge an sein eigenes dichterisches Werk darin sehen oder eine Kontemplation über die unent­rinnbaren Prämissen künstlerischen Schaffens oder die Auto­no­mie der Kunst gegen­über der Kritik. Auf der Internet-Seite erhält man A­­ uskunft über Beschaffenheit, Erwer­bung, Provenienz, Ausstel­lungs- und Publika­tions-Geschichte. 1905 wurde