Heft 
(2016) 102
Seite
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Mit Zopf und Knebelbart  Möller 145 Von Anfang an waren die Mitglieder des Tunnels in dem Album, das Emi­lie ihrem Mann zum 32. Geburtstag schenkte, sehr präsent. Deshalb wur­de es im Fami­lienkreis Tunnel- Album genannt. Diese Bezeichnung hat Friedrich Fontane dick mit Blaustift auf der Abschrift von Heyses Beitrag 40 notiert.Sie findet sich auch als Bild­unterschrift zur Zeichnung Lepels in der Ausgabe der Letzten Aus­le­se der Briefe. Als Aufschrift trug das Album diese Bezeichnung aber wohl nicht, denn auf den Abschriften ausgewähl­ter Beiträge, die im Theodor-Fontane-Archiv überliefert sind, fand sich außerdem mehrfach die Bezeichnung»Gedenkalbum«. Aus dem inhaltli­chen und zeitlichen Zusammenhang läßt sich schließen, daß mit Tunnel­Album und Gedenkalbum derselbe Gegenstand bezeichnet wurde. Die Freunde haben die Idee natürlich bereitwillig aufgegriffen und Bei­träge ins Album geschrie­ben oder zum Einkleben geschickt. In der Folge, also in den ersten Monaten des Jahres 1852, acquirierte Fontane selbst weitere Einträge für sein Album. Sein Abschied nach Eng­land stand be­vor, den er als eine Zäsur empfand. Menzel lieferte seinen bereits früher zugesagten Beitrag etwa zwei Monate verzögert, aber das war für Album­beiträge nichts Ungewöhnliches, und schon gar nicht für Menzel. Die Faszination, die von Menzels Künstlerpersönlichkeit und seinem Werk ausgelöst wurde, ist die Ursache dafür, dass heute einzig sein Blatt aus Fontanes Tunnel- Album im Original überliefert ist, während das Al­bum selbst verschollen ist. Herausgelöst wurde Menzels Zeichnung aus dem Album, als die National-Galerie zu einer Retrospektive der Werke des am 9. Februar 1905 verstorbenen Malers aufrief. m 1. März 1905 erging ein hektographiertes Schreiben an die Eigen­tümer Menzelscher Kunst­werke, darunter auch an die Erben Fontanes, in dem es heißt:»Die auf Wunsch Seiner Majestät des Kaisers und Königs zu veranstaltende Men­zelausstellung soll ein mög­lichst umfassendes Bild von der Tätigkeit des Meisters geben«. 41 Unterzeichnet ist das Schreiben vom Direktor der National­galerie Hugo von Tschudi und vom Vorstand der Kommission für die Große Berliner Kunst­ausstellung 1905 Friedrich Kallmorgen. Als Bei­lage erhielt das Schreiben das Formu­lar der Anmeldeliste. Daraufhin verständigten sich Friedrich Fontane und seine Geschwister Theodor Fontane und Martha Fritsch in einer umständlichen Korrespon­denz darüber, dass auch die im Besitz der Erben Fontanes befind­lichen Arbeiten Menzels für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt werden sollten. Am 3. März 1905 sprach sich Martha Fritsch in einem an ihre bei­den Brüder Theodor und Friedrich Fontane gerichteten Schreiben aus ver­ständlichen Gründen dagegen aus, die im Nachlass Fontanes befindlichen Blätter Menzels für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen. 42 Friedrich Fontane war offenbar anderer Ansicht und widersprach seiner Schwester, worauf Martha Fritsch der Firma ihres Bruders am 7. März 1905 mitteilte, dass sie sich der Ausleihe der in seiner Verwahrung befindlichen Originale