Heft 
(2018) 105
Seite
18
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18 Fontane Blätter 105 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes 4. Einige Notizen zur Einordnung Im Frühjahr 1878 beginnt Fontane mit der Planung und den Recherchen für Grete Minde. Von Wernigerode aus, wo er sich in der Sommerfrische befin­det, reist er im Juli 1878 nach Tangermünde. 4 Auf dieser Reise entsteht ein Notizbuch(E 5), in dem er detaillierte Beobachtungen vom Schauplatz, Ent­würfe zu Szenen, Figuren und sprechende Details festhält. 5 Das hier präsentierte, bisher nicht exakt zu datierende Szenar markiert einen Moment in der strukturellen Konzeption der Novelle, der nach dieser zweiten Reise erfolgt sein muss und der vermutlich kurz vor oder in der Phase der Niederschrift zu verorten ist. Diese Niederschrift beginnt ­Fontane nach der Rückkehr aus Wernigerode im August 1878. Am 15. Feb­ruar 1879 sendet Fontane ein Manuskript von Grete Minde an die Redak­­tion der Zeitschrift Nord und Süd. 6 Dass Fontane bei der Erarbeitung des Szenars auf seine Notizbuchauf­zeichnungen zurückgreifen konnte, zeigt sich an Verweisen auf das und Übernahmen aus dem Notizbuch E 5. Der Kommentar»Siehe meine ersten Notizen«(V I, 6, Bl. 6v) bezieht sich offenbar direkt auf die Skizzen zur »Jungfrau Lorenz« im Notizbuch E 5, 19r. Das»scharfe[] Eck«(ebenfalls V I, 6, Bl. 6v) hat Fontane im Notizbuch E 5, 8r in einer Lagezeichnung der Burg markiert und im Notizbuch mehrfach kommentiert bzw. in Handlungsskiz­zen eingebunden(vgl. E 5 8v, 10v, 12r, 12v). Die»Große Scene«(L 14), die Fontane in»Situation« 11 benennt, hat er unter identischer Bezeichnung im Notizbuch E 5 25v bis 26r bereits grob narrativ gestaltet. Die Distanz zu jener Handlungsfügung, die Fontane später zur Publika­tion freigibt, zeigt sich beim Vergleich des Szenars mit dem abgeschlosse­nen Werk, das zunächst in Nord und Süd, Anfang November 1880 dann im Verlag von Wilhelm Hertz(Bessersche Buchhandlung) als Buchausgabe publiziert wird: Nicht alle»Situationen« des Szenars sind in das veröffent­lichte Werk eingegangen(einige Handlungsbausteine fallen weg); auch sind im Szenar keineswegs sämtliche Kapitel des abgeschlossenen Werks bereits enthalten(es werden Handlungsbausteine ergänzt). Fontane nimmt also noch erhebliche, auch strukturelle Umgestaltungen vor. Zudem ändert er mehrere Details: Die»Grasmücke« etwa wird zum»Hänfling«, Gretes Schwägerin trägt im Szenar noch den Namen»Ursel« im Druck wird sie »Trud« heißen. Interessanter sind allerdings die strukturellen Umgestaltungen, auch hier seien wenige Beispiele angeführt: Im Szenar fehlen z.B. Hinweise auf die Kapitel 4 und 5 des veröffentlichten Werks. Kapitel 4(»Regine«) profiliert dabei durch ein Gespräch über Gretes Mutter die ethnisch-kulturelle Herkunft Gretes; Kapitel 5(»Grete bei Gigas«) gibt ein Bild der religiösen Prägung Gretes. Beide Kapitel folgen später auf die in den»Situationen« 1–5 skizzierte Handlung; im Szenar kommt die in ihnen geschilderte Handlung,