22 Fontane Blätter 105 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes Besonders aufschlussreich ist der Brief vom 6. Juli 1880, in dem Fontane ein Exposé für seinen Roman Graf Petöfy entwickelte. Gerichtet ist dieses Schreiben an eine Person, die Fontane mit der vertraulichen Formel»Hochgeehrter Herr und Freund« ansprach und der der Romancier eine Vermittlerrolle zu einer»höheren Stuttgarter oder Tutzinger Instanz« zugedacht hatte, also zu Eduard Hallberger, der in Tutzing wohnte, und dessen Verlag, der sich in Stuttgart befand. Adressat dieses Briefes ist also zweifellos Emil Dominik(1844–1896), den Fontane 1879 als Redakteur der Zeitschrift Der Bär kennengelernt hatte und zu dem sich bald eine intensive, von langen, enthusiastischen Gesprächen geprägte Beziehung entwickelte. 3 Wie man dem hier erstmals publizierten Brief entnehmen kann, stand die Konzeption für Graf Petöfy bereits im Sommer 1880 weitgehend fest. Das Zentrum des damals noch als Novelle angekündigten Werkes war für den Autor der gescheiterte Versuch einer Ehe-Vereinbarung, die auf ein offenes Verhältnis der beiden Ehepartner hinauslief. Das ist ein im Kontext der beginnenden Ibsen- und Zola-Rezeption ausgesprochen bemerkenswertes Konzept. Auch im weiteren Verlauf trat Dominik als Vermittler zwischen Fontane und dem Verlag auf. 4 Im zweiten Brief aus dieser Provenienz geht es um die Publikation von Graf Petöfy in der Romanbibliothek zu Ueber Land und Meer. Das Schreiben vom 8. September 1883 war offenbar an Edmund Zoller(1822–1902) gerichtet, der 1880 bis 1884 Herausgeber der Romanbibliothek zu Ueber Land und Meer war. 5 Zoller war selbst Schriftsteller und trug als Direktor der Königlichen Privat-Bibliothek in Stuttgart den Hofrats-Titel. Fontane kannte Zoller nicht persönlich, weshalb man auf Norderney »wochenlang« aneinander vorübergegangen sei. Während dieses Aufenthalts arbeitete Fontane an den Korrekturen des Romans, die ihn aufs Äußerste beanspruchten, wie aus der Korrespondenz mit seiner Frau hervorgeht. Emilie schrieb die ihr zugesandten Kapitel in Berlin ins Reine, worauf Fontane sie auf Norderney nochmals überarbeitete:»Du wirst Dich wundern wie Dein schönes Manuskript aussieht«(zit. n. GBA, Graf Petöfy, S. 249). In seinem Brief vom 8. September an Eduard Zoller schrieb Fontane, dass diesem seine Arbeit»jetzt vorliegt«. Man wird diesen Termin als unmittelbaren Abschluß der Korrektur annehmen dürfen. Der von Hermann Fricke auf den 30. November datierte Abschluß der»gründlichen Korrektur«(ebd., S. 249) markiert vermutlich bereits den nächsten Arbeitsschritt, die Fahnenkorrektur. Der wichtigste Teil des Schreibens vom 8. September 1883 an Edmund Zoller galt der Honorar-Forderung des Autors. Offenbar hatte Emil Dominikauch in diesem Punkt zwischen dem Verlag und Fontane vermittelt, ohne dass die Höhe des vereinbarten Honorars schriftlich fixiert worden war. Deswegen setzte Fontane dem Herausgeber der Romanbibliothek seine Honorar-Berechnung noch einmal auseinander. Tatsächlich
Heft
(2018) 105
Seite
22
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