Heft 
(2018) 105
Seite
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Rogerowski oder Rasumofsky? Arand 63 Historischer Hintergrund 3 Als Fontane auf die französischen Schlachtfelder reist, sind bereits drama­tische Entscheidungen gefallen. Nach den äußerst verlustreichen, für die aus Einheiten aller deutschen Länder bestehenden drei Armeen unter preußischer Führung aber siegreichen Kämpfen im August 1870 und der Schlacht von Sedan am 1. September ist das Kaiserreich Napoleons III. zu­sammengebrochen. Nach dem Sturz des Kaisers ist am 4. September die 3. Republik proklamiert worden. Die Republik ist entschlossen, den vom Kaiser begonnenen Krieg fortzusetzen. Seit dem 19. September 1870 ist Paris von einem undurchlässigen Belagerungsring deutscher Truppen um­geben. Mit großer Eile versucht die republikanische französische Regie­rung mit einer ›levée en masse‹, in den noch nicht von Deutschen besetzten Gebieten neue Armeen zu errichten. Der Großteil der kaiserlichen Armee Frankreichs, die vor allem aus Berufssoldaten bestand, ist gefallen, deser­tiert oder in enormer Zahl in deutsche Gefangenschaft geraten. Den neuen Armeen fehlen so erfahrene Kämpfer und fähige Offiziere. Zur Lösung dieses Problems werden alle wehrfähigen Männer eingezogen, rasch aus­gebildet und häufig unzureichend bewaffnet in den Kampf geschickt. Der Aufbau der neuen Armeen wird durch eine extrem nationalistische und hasserfüllte antideutsche Propaganda begleitet, die den bisher ›eingeheg­ten‹ Kabinettskrieg in einen entgrenzten Volkskrieg verwandelt. Ein Teil dieser aus der Not geborenen Amateurarmeen sind auch sogenannte Franctireurs-Einheiten. Diese Freischärler sind nur oberflächlich, manch­mal überhaupt nicht uniformiert und operieren oft eigenständig, ohne Einbindung in größere Truppenzusammenhänge. Die Franctireurs rekru­tieren sich aus allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen. Ihre Wei­gerung, sich den gängigen Mustern und Regeln der Kriegsführung zu un­terwerfen, macht die Freischärler für die deutschen Truppen unberechenbar und gefürchtet. Aufgabe der Franctireurs, die in ihnen bekannten Gebie­ten operieren und den Schutz der einheimischen Bevölkerung genießen, sind typische Partisanentätigkeiten. Sie sprengen Brücken, verbrennen Nahrungsvorräte, machen Brunnen unbenutzbar und überfallen aus Hin­terhalten deutsche Vor- und Nachhuten. Häufig legen die Freischärler spontan ihre ohnehin nur rudimentären Uniformen ab, gehen damit wie­der in der Bevölkerung auf und können von den Deutschen nicht immer sicher als Kombattanten identifiziert werden. Die Deutschen, von dieser Form asymmetrischer Kriegsführung verunsichert, erkennen die Francti­reurs nicht als reguläre Truppen an und bekämpfen sie gnadenlos. Dörfer, in denen Freischärlerüberfälle auf deutsche Truppen stattfinden, werden niedergebrannt oder zu Geldzahlungen gepresst. In diesen Dörfern wer­den auch häufig von den Deutschen Geiseln genommen. Zur Ernährung deutscher Truppen werden die Dörfer schließlich noch aller Lebensmittel