Heft 
(2018) 105
Seite
65
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Rogerowski oder Rasumofsky? Arand 65 wichtig, hat doch einer der Mitgefangenen Fontanes im Windschatten der Popularität des Autors seine Erinnerungen ebenfalls veröffentlicht. Daneben sind die Verlustlisten zu nennen, in denen Tote, Verwundete, Gefangene und Vermisste, geordnet nach Schlachten, Regimentern und in grober chronologischer Reihenfolge, möglichst zeitnah zu den Ereignissen aufgeführt und veröffentlicht werden. Von der circa eine Million deutscher Männer, die im Krieg von 1870/71 insgesamt eingezogen wurden, finden sich über Hunderttausend in den Verlustlisten. Die Verlustlisten werden noch auf dem Schlachtfeld von den Kompanieführern aufgestellt, an die Regimentskommandeure weitergegeben, die diese dann an die jeweils zu­ständigen Kriegsministerien kabeln. Auch ›alltägliche‹ Verluste außerhalb größerer Schlachten durch Gefangennahme bei Patrouillenritten, Granat­beschuss, bei Überfällen auf Vor- und Nachhuten oder auf Transportwa­gen werden gewissenhaft gelistet und weiter nach Berlin, München oder Stuttgart gegeben. Die Listen erscheinen regelmäßig von August 1870 bis in den Herbst 1871. Die norddeutschen und badischen Verlustlisten er­scheinen gemeinsam und werden von Fontanes Verleger Decker in Berlin gedruckt. Am Ende des Krieges hat Decker 248 Verlustlisten im Auftrag des preußischen Kriegsministeriums veröffentlicht. Die Verlustlisten sind der bürokratische Ausdruck der Auskunftspflicht eines modernen Staates, der seine wehrpflichtigen Bürger in Gefahr und Tod schickt. Hier können sich Angehörige in einer Welt ohne Telefon und Internet mit den Mitteln der Zeit ein Bild vom Schicksal ihrer Brüder, Männer, Söhne oder Väter machen. Heute sind sie verlässliche Quellen, um nach den Gefährten ­Fontanes während seiner Kriegsgefangenschaft zu suchen. Zu bedenken ist allerdings, dass es in den Wirren von Krieg und Gefahr sowie mit den im Vergleich zu heute geringen Möglichkeiten der damaligen Kommunika­tionstechnik auch Lücken in den Verlustlisten geben kann. Nicht alle der von Fontanes erwähnten Mitgefangenen sind in den Verlustlisten nach­weisbar. Eine dritte Quellengruppe sind Akten, z. B. Feldrapporte oder Perso­nalakten. Allerdings sind die damals in Potsdam lagernden Akten der preußischen Armee im Februar 1945 verbrannt, so dass hier keine Unterla­gen mehr zur Verfügung stehen. Für bayerische Armeeangehörige liegen allerdings noch Akten, z. B. Personalakten, vor.