Heft 
(2018) 105
Seite
67
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Rogerowski oder Rasumofsky? Arand 67 einem preußischen und einem bayerischen Krieger zusammensetzen. Die­se acht Personen sind seine regelmäßigen Zellengäste. Dazu kommen noch weitere Personen, die in Nebensätzen Erwähnung finden bzw. summarisch als Gelegenheitsgäste eingeführt werden, aber dennoch, wie im Fall des ›Jäger Schönfeldt‹, als Erzähler fungieren. So richtig Roehnerts Bemerkungen zu Rasumofsky sind, so wenig stellt er allerdings die Frage nach der tatsächlichen Person dieses Dieners. ­Fontane stellt dem Leser seinen Burschen in scheinbarer Vollständigkeit vor:»[...] Max Rasumofsky. Er gefiel mir auf der Stelle; daß er ein schwarzer Husar war, besagten die Überreste seiner Uniform, daß er ein Pole war, entnahm ich seinem Namen, daß er ein Schneider war, ergaben die ersten Recherchen. Ich hatte also alles in ihm vereinigt, was man von einem Bur­schen Tüchtiges erwarten kann: Husar, Pole, Schneider.« 9 Seitdem ist die Figur des Rasumofsky in der Fontane-Literatur mit einer Ausnahme als Träger dieses Namens nicht in Frage gestellt worden. Auch in Roland Ber­bigs Fontane-Chronik von 2010 wird Rasumofsky in der Schilderung ­Fontanes nicht angezweifelt. Für den 10. November 1870 verzeichnet Ber­bigs ansonsten sehr akribische Chronik so wie auch Fontane selbst etwas unpräzise:»Bekanntschaft mit Max Rasumofsky[...], einem polnischen Husaren.« 10 Allerdings ist Rasumofsky kein ›polnischer Husar‹, da es seit den Teilungen des Staates kein Polen mehr gibt. Er ist ein ethnischer Pole, der als Bürger Preußens in einem preußischen Regiment dient. Anders als viele seiner polnischstämmigen Kampfgefährten in preußischen Regimen­tern ist Rasumofsky allerdings offensichtlich deutschsprachig bzw. spricht und versteht Deutsch, wenngleich dialektal verändert, sagt er doch z.  B. »Jott« 11 statt Gott. In vielen preußischen Regimentern in den östlichen, ehemals polnischen Gebieten müssen Befehle oft auf Polnisch gegeben werden, da die Soldaten Deutsch nicht ausreichend verstehen. Lediglich Peter Schumann zweifelt in einer Studie über Polen und die Polen im Werk des deutschen Dichters Theodor Fontane offen am Namen Rasumofsky, jedoch ohne überzeugende Begründung:»[K]ein Mensch heißt Rasumofsky, auch kein polnischer schwarzer Husar aus dem Posen­schen. Der letzte Hetman der Ukraine im 18. Jahrhundert trug den Namen Rasumofsky.« 12 Tatsächlich aber gibt es einen Anhaltspunkt, an der Authentizität der Figur ›Rasumofsky‹ zu zweifeln, auf den Alexandra Dunkel in einer 2015 erschienenen Studie über die Konfigurationen des Polnischen im Werk ­Fontanes 13 verweist, ohne selbst eine klare Position zu beziehen. Dunkel nennt einen Brief an Emilie, in dem Fontane am 23. April 1874 schreibt: »[...] ich machte draußen die Bekanntschaft des Postillons, der bei den schwarzen Husaren in Posen gestanden hatte und natürlich meinen ­Rogerowski kannte.« 14 Statt jedoch hierin einen Hinweis darauf zu sehen, dass der Name Rasumofsky tatsächlich, wie von Schumann vermutet, eine