Heft 
(2018) 105
Seite
70
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70 Fontane Blätter 105 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Jahr dienen und dabei ihre Ausrüstung und Unterbringung aus eigener Tasche bestreiten müssen. Je nach Truppengattung können die Kosten für die ›Einjährig-Freiwilligen‹ enorm sein. Sie können ihre Einheit selbst aus­wählen und nach dem Dienstjahr den Posten eines ›Reserve-Offiziers‹ an­treten. Den Dienst in der Kavallerie können sich allerdings nur Adlige oder sehr wohlhabende Bürgerliche leisten, während ›normale‹ Bürgersöhne meist den Dienst in der Artillerie oder der Infanterie wählen. Hinter dem ›Grafen A., den Fontane möglicherweise mit Rücksicht auf den Adelsstand des Gefangenen, vielleicht auch wegen der milden Feudal­kritik, die sich in der Figur des ›A. ausdrückt, anonymisiert, verbirgt sich Maximilian Graf von Arco auf Valley aus München. Dieser Umstand ist allerdings bereits seit längerem bekannt und hinlänglich bewiesen. 28 Im Bayerischen Kriegsarchiv München liegt eine umfangreiche, bisher in der Forschung ungenutzte Personalakte über Graf Arco vor, mit der sein Auf­enthalt auf Oléron und die Schilderungen des Schriftstellers überprüft werden können. 29 Maximilian Graf von Arco, der von 1849 bis 1911 lebte und im Rang eines Oberstleutnants verstarb, 30 war Vater des 1897 gebore­nen, deutlich bekannteren Anton Graf von Arco auf Valley, der 1919 den bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner erschoss. Arco-Valley ist in der bayerischen Verlustliste Nr. XXXII vom 17. No­vember 1870 nachweisbar:»Gefechte bei Orléans[...] Am 25. October mit 5.  November 1870. 3. Cheveaulegers-Regiment ›Herzog Maximilian‹.[...]. Gefangen: Arco, Max Graf von, Soldat 1. Escadr.[on], von München.« 31 Al­lerdings ist die Verlustliste bei der Datierung der Gefangennahme unge­nau. Arco gerät schon in der Nacht des 16. Oktober 1870 in einem Wald bei Lailly kurz vor Orléans durch einen Überfall bewaffneter Bauern und Franctireurs in Gefangenschaft. Er verliert sein Pferd, versucht sich zu Fuß und mit blankem Säbel gegen eine Übermacht von Gegner durchzu­schlagen, wird aber am Kopf verwundet, schließlich doch festgenommen und in die Stadt Blois gebracht. 32 Für seine Tapferkeit erhielt der Graf nach dem Krieg das ›Verdienstkreuz des Militär-Verdienst-Ordens‹. 33 Arcos Personalakte gibt Auskunft über den weiteren Verlauf seiner späteren Ge­fangenschaft:»28. Oktober 1870 bis 1. März 1871 in Gefangenschaft in Oléron und Montpellier.« 34 Fontane gibt eine ambivalente Schilderung des mit 21 Jahren noch sehr jungen Grafen, der vor seiner Militärzeit noch zwei Jahre Recht studiert hat. 35 Zwar bezeichnet er ihn genauso wie den ›Frankfurter Dragoner‹ als »angenehm und tüchtig«, lobt beider Französisch, ihren Mut, sich für die Interessen der anderen Mitgefangenen einzusetzen, nennt beide»liebens­würdige junge Männer, fein, rücksichtsvoll, unterrichtet«, hebt zusätzlich Arcos Mangel an Standesdünkel hervor, findet ihn aber wie den Dragoner langweilig, uninspiriert und oberflächlich. 36 Außerdem bemängelt Fontane­eine für ihn offensichtlich als typisch adlig geltende gelegentliche Fle-