Heft 
(2018) 105
Seite
71
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Rogerowski oder Rasumofsky? Arand 71 gelhaftigkeit im Benehmen:»Wenn ich dann[...] meine freien Vorträge gehalten­und der Graf(darin ganz Graf) mit völligster Ungeniertheit sich ausgegähnt hatte, zogen sich gegen acht die beiden Herren zurück[...].« 37 Als Arco sich für den weiteren Offiziersdienst bewirbt, wird er eingehend ­untersucht. Der in der Personalakte hinterlegte Bericht über seinen Cha­rakter passt, bis auf den Hinweis zu den Umgangsformen des Grafen, zu ­Fontanes Einschätzung:»Heiter, offen, gutmüthig, entschlossen[...] sehr anständige Sitten und gebildete Umgangsformen[...].« 38 In einem Brief an Emilie vom 21. November 1870 beschreibt Fontane Arco ebenfalls mit freundlichen Worten:»Graf Arco[seine Mutter ist Ita­lienerin][...] verläßt uns morgen; er lebte hier wie ein simpler Unteroffizier mit anderen Soldaten zusammen, wird aber jetzt nach La Rochelle gehn und dort ›auf Ehrenwort‹ in relativer Freiheit leben können, etwa wie ich hier. Sein Abgang wird bedauert; er sprach sehr gut französisch und war dadurch eine Mittelsperson, ein Anwalt seiner Landsleute.« 39 lm April 1871, Arco befindet sich nach dem Waffenstillstand von Ende Januar noch in Frankreich, erhält er ein Exemplar von Kriegsgefangen zugeschickt und liest Fontanes Erlebnisbericht mit großen Interesse. 40 Der Frankfurter Dragoner,»eines Großweinhändlers Sohn«, 41 bleibt wohl aufgrund der literarischen Konzeption Fontanes ungenannt. Im Oléron-Kapitel hierarchisiert Fontane die von ihm geschilderten Figuren nicht ausschließlich nach ihrem gesellschaftlichen Rang, sondern vor al­lem nach ihrer Bedeutung für seine Erzählung. Die Namenlosen sind er­zählerisches Beiwerk. Ihn beschreibt Fontane mit den schon für Arco ge­nannten Eigenschaften, ergänzt um einen Hinweis auf sein Äußeres:»Der Dragoner, ein stattlicher Rheinfranke, hatte das Breite, Männliche des ganzen Stammes[...].« 42 Wie Arco gehört auch der Dragoner für Fontane zur»Aristokratie der Gesellschaft«, 43 ist also aus gutem Hause, weshalb er im ersten Paar ›auftritt‹. Er kann in der Verlustliste Nr. 96 als Angehöriger des in Frankfurt stationierten ›Rheinischen Dragoner-Regiments Nr. 5‹ identifiziert werden. 44 Er gerät ebenfalls vor Orléans in Gefangenschaft: »Patrouillengang bei Arthenay, 3. Oktob.[e]r 1870. 1. Eskadron. Gefr.[eiter] Louis Kerber aus Rödelheim, Kr.[eis] Obertaunus. Verm.[isst].« 45 Fontane erwähnt in seinem Tagebuch vom 12. November 1870 einen»Kaffeebesuch von dArco und Kerber«. 46 Dieses Hauptpaar Arco–Kerber ist, wie das erste Paar Polzin–Volln­hals, und das dritte Paar Janeke–Heglmeier sicher nicht zufällig eine preu­ßisch-bayerische Kombination, wenngleich Kerber als gebürtiger Hesse erst seit 1866 Preuße ist. Bereits nach den ersten Siegen von Weißenburg und Wörth hat sich in der deutschen Öffentlichkeit gelenkt mit geschickt lancierten Artikeln, die Bismarcks Pressereferenten Moritz Busch aus dem Feld an die Zeitungen sendet der Mythos von der preußisch-norddeutsch­bayerischen Waffenbrüderschaft als ›Blutkitt‹ der zum Zeitpunkt der