Heft 
(2018) 105
Seite
77
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Rogerowski oder Rasumofsky? Arand 77 ein Bericht über den Besuch eines Heimatkundlers und Bekannten der ­Familie Fontane vor, der Genzel als alten Mann besucht hat und berichtet: »Ich fand den Alten noch genau so, wie Fontane ihn geschildert hatte. Ein Hüne von Gestalt, ausgezeichnet durch das auch hier zu Tage tretende rit­terliche Benehmen[...].« 75 Genzel blieb Fontane ein Leben lang verbunden. Zu Fontanes Tod schickte Genzel einen Kranz an das Grab, auf seinem Schreibtisch stand ein Bild des Schriftstellers. Genzel starb 1919:»Der Gram um den Heldentod seines ältesten Sohnes und das traurige Geschick unseres Vaterlandes hatte den alten Patrioten in den Tod getrieben.« 76 Dass Genzel in seinem Arbeitszimmer Büsten Schillers und Goethes stehen gehabt haben soll, wie der Besucher berichtet, verweist ebenfalls noch einmal auf die von Fontane behauptete Belesenheit des Ulanen. 77 An­ders als Rogerowski alias ›Rasumofsky‹ ist Genzel also keineswegs die ein­deutig literarische Figur, als die man sie mit den Augen eines Menschen der Gegenwart wahrzunehmen geneigt ist. Sicher darf er deshalb auch in Kriegsgefangen seinen wahren Namen tragen. Der unbekannte Gefreite des in Altenburg stationierten ›7. Thürin­gischen Infanterie-Regiments Nr. 96‹, ist in den Verlustlisten nicht nach­weisbar. 78 Fontane schildert den aus dem Regimentsstandort stammenden Mitgefangenen, dessen Namen er angeblich vergessen haben will, 79 als we­nig einnehmend. Er ist besserwisserisch, aufdringlich und ein intellektuel­les Leichtgewicht. Der Unbekannte wird, wenn man ihn nicht als eine Er­findung betrachten möchte, vermutlich beim Gefecht von Pierrefitte und Montagny am 23. September 1870 in Gefangenschaft geraten sein. 80 Das dritte Paar: ›Unteroffizier Janeke‹ und ›Sergeant Heglmaier‹ Janeke wird als kongenialer Partner seines bayerischen Freundes Hegl­maier vorgestellt. Beide sind sich in großer Zuneigung zugetan. Fontane beschreibt Janeke als bescheidenen Menschen, lässt aber auch ihn seine Heldentat in einer derart gewandten Sprache berichten, dass die Hand des Dichters deutlich erkennbar wird. Janeke berichtet mit dramatischer Zu­spitzung, wie er gemeinsam mit zwei weiteren Ulanen, Schindler und Gemke, in einem Dorf gegen eine Übermacht von Franktireurs ankämpfen muss, nachdem sie in einen Hinterhalt geraten sind. Die Drei wehren sich erbittert, der von Janeke deutlich bevorzugt beschriebene Schindler tötet mit seiner Ulanenlanze eine kaum glaubhafte Vielzahl von Feinden, doch schließlich erliegen die Drei trotz wilder Flucht der Übermacht. Schindler wird schwer getroffen, Janeke bekommt einen Schuss in den Schenkel und stürzt unter sein Pferd, Gemke kommt davon. Mit männlich-soldatischer Lakonie lässt Fontane Janeke berichten: