Heft 
(2018) 105
Seite
89
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The Making of Effi Briest Anderson 89 als Figur und Roman entwickelt hat, bevor er endlich begann, die Duell­handlung zu Papier zu bringen. Über die Dokumente, die durch Else von Ardennes Enkel, den Physiker Manfred von Ardenne, und dessen Mutter bereitgestellt wurden, haben drei Autoren geschrieben: der Philologe Hans Werner Seiffert 5 und zwei Biographen, Horst Budjuhn 6 und Manfred Franke, aus dessen Buch oben zitiert wurde. Alle drei erkennen keinen Widerspruch darin. Vielmehr set­zen die Titel beider Biographien den realen Menschen und die Kunstfigur gleich. Den Ruf nach Else zitiert Seiffert zweimal ungenau(260, 269). Spä­ter räumte er ein,»Tatsächlich kommt in der Lebensbeschreibung der Frau von Ardenne das ›Else, komm! vor, wenn auch in anderem Zusammen­hang.« 7 Damals(1964/66) hat die Herkunft der Dokumente mehr Aufsehen erregt als die Dokumente selbst. Zum Beispiel erwähnt Hans-Heinrich Reuter die Ardenne-Affäre nur in der Zeittafel seiner Monographie(1968) als die»Grundlage der Fabel von Effi Briest.« Rolf Christian Zimmermann hat die Unzulänglichkeiten des»Effi, komm«-Rufs aufgelistet. 8 Auf der Basis von Fontanes Äußerungen zum Thema Natürlichkeit in Effi Briest und Cécile bezeichnet er die Figur der Effi als eine aus innerem Bedürfnis entspringende»Erzählvorgabe«. Diese sei, wie auch Bernd Seiler schreibt, 9 die»schuldlos schuldige Kindfrau«. Im Anhang der Großen Brandenburger Ausgabe berücksichtigt Christine Hehle diese Problematik und teilt die Rubrik»Stoff« in»Die Ardenne-Affä­re« und»›Effi komm‹: Fontanes Lesart« auf. 10 Michael Masanetz folgert, »die Abweichungen vom ›Stoff‹[...] zeigen die Richtung an, in die der Inter­pret zu gehen hätte.« 11 Das Problem ist jedoch kein interpretatorisches, sondern ein faktisches. Da alle Studien die Faktenbasis für insuffizient halten, liegt es nahe, diese zu erweitern. Was folgt ist eine auf Fakten basierte Theorie, denn das, was Fakt war, könnte unter Umständen wieder gefunden werden. Dank dem Stand der faktischen Fontane-Forschung ist es hier gelungen, Antworten zu finden, die hiermit zur Diskussion gestellt seien. 12 Kritik der Handschriftenforschung ante quem Als Basis für die im Folgenden entfaltete Theorie wurde alles Diesbezüg­liche in Fontanes Leben und Werk speziell die gesamte erhaltene Arbeits­handschrift, die, bis auf vier Blätter, im Stadtmuseum Berlin aufbewahrt wird, 13 und besonders das Jahr 1889 verglichen und analysiert. Als Krite­rium für den Erfolg galt eine schlüssige Begründung des Namens ›Briest‹ 14 . Als Erstes war es nötig, die Entwürfe chronologisch zu ordnen, um den Fortschritt des Projekts nachzuzeichnen. In Frage kamen die von Herr­mann 1912 transkribierten sieben Rückseiten aus der Handschrift 15 sowie