Heft 
(2018) 105
Seite
98
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98 Fontane Blätter 105 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte stummer Zeuge. Am Hochzeitstage trugen die drei Kinder die Schleppe der Braut und soll dies ein reizendes Bild gewesen sein. Während der ­Trauung wurden sie von der allgemeinen Rührung ergriffen und kamen Freda und Agnes noch schluchzend hier an.« 49 Das erinnert sehr an die Stelle,»Nur Bertha und Hertha hatten so heftig geschluchzt, daß Jahnkes plattdeutsche Verse so gut wie verloren gegangen waren.« 50 Theobald von Bethmann Hollweg stammte von einer alten Bankiersfa­milie in Frankfurt am Main ab und ist am 29. November 1856 in Hohen­finow geboren(gestorben am 1. Januar 1921 ebendort). 51 Sein Großvater ­Moritz August(1795–1877) ist als Jurist an die Berliner Universität gekom­men, hat bei den Pietisten Erleuchtung gefunden und die Bekanntschaft mit Friedrich Wilhelm IV. gemacht. Während der 1850er Jahre finanzierte er das Organ der»Wochenblattpartei«, die mit verhältnismäßig liberalen Ideen dem Thronfolger Prinz Wilhelm und dessen Gattin Augusta nahe­stand. Als Wilhelm 1858 die Regentschaft von seinem sprachunfähig ge­wordenen Bruder übernahm, wurde August von Bethmann Hollweg Kul­tusminister der»Neuen Ära«(November 1858 bis September 1862). In dieser Funktion hatte er über die Beihilfe für Fontanes Wanderungspro­jekt zu entscheiden. Die Entscheidung schleppte sich über anderthalb Jahre hin. Regie­rungsmitglieder trugen Fontane nach, dass er unter Ministerpräsident von Manteuffel in der Centralstelle für Preßangelegenheiten gedient hatte und warfen ihm auch seine neue Tätigkeit bei der regierungsfeindlichen Kreuz­zeitung vor. 52 Schließlich genehmigte Minister von Bethmann Hollweg eine jährliche Beihilfe von 300 Thalern am 12. Mai 1861. Am 21. November empfing er Fontane»ungnädig«, 53 wie dieser schrieb, und erhielt von ihm ein Exemplar der Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Die Ver­knüpfung von ›Bethmann Hollweg‹ mit ›Briest‹, ›Pfuel‹ und ›Fouqué‹ bot die zusätzliche Möglichkeit an, neben dem literarisch-historischen Materi­al, den Roman zu politisieren. Der Sohn des Ministers, Felix von Bethmann Hollweg(1825–1900), war u.a. Attaché der preußischen Gesandtschaft in London, bevor er das Gut Hohenfinow 1855 erwarb. Fontane war Presseattaché in London 1855–58 und kannte das Oderbruch bestens seit dem Umzug seiner Eltern 1833 nach Letschin im Oderbruch. Er erwähnt Hohenfinow im Vorwort zum Oderland(1863), aber es gibt keinen Beleg, dass er es je besucht hätte. Felix engagierte sich bei der Modernisierung des Kreises Ober-Barnim, wurde 1874 Landrat, kam 1877 in den Reichstag, kandidierte aber nicht mehr im Jahr darauf. Nebenbei bemühte er sich um den Prinzen Wilhelm, der sei­nen ersten Rehbock in Hohenfinow schoss. Nach der Thronbesteigung Wilhelms II. wurde er 1889 ins preußische Herrenhaus berufen und hat seine Beziehungen spielen lassen, um das Landratsamt an seinen erst