Heft 
(2018) 105
Seite
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The Making of Effi Briest Anderson 101 es müsste eine heimliche Verlobung der Herzen gegeben haben, und Luises Einwilligung, Briest zu heiraten, war zumindest ein Vertrauensbruch. Gefunden hat Fontane den dritten Stoff zu Effi Briest während der letz­ten Maiwoche 1889 als Gast bei Max und Eugenie von Bredow-Landin im Ländchen Friesack, nur wenige Kilometer von Nennhausen entfernt. Am 2. Juni schrieb er an Paul Schlenther:»Bei den Bredows war es wundervoll, wenn auch ein beständiger 6 tägiger Eiertanz. Die Hauptsache bleibt, daß ich meinen Zweck: Einheimsung eines wundervollen Materials erreicht habe.« 62 In der ganzen Masse der Vorarbeiten zum Ländchen Friesack findet man über die Bredows nichts, was diese Beschreibung verdiente hätte. Sonst wären seine Briefe an Mitglieder der Familie von Bredow länger, detaillierter und persönlicher. Solche Briefe hat Pfarrer Heinrich Jacobi in Kriele, dem Nachbardorf zu Landin, bekommen. Der Grund dafür war die Zusendung der Chronik der Familie Hülsen. 63 Am 18. Juni 1889 schrieb ­Jacobi dazu:»Vielleicht können Sie in der bekannten genialen Fontane­Weise daraus etwas entnehmen.« 64 Drei Tage später bedankte sich Fontane enthusiastisch: »Herzlichen Dank für die ›Chronik der Familie Hülsen‹ und die freund­lichen Zeilen, womit Sie die Sendung begleiten. Ich habe gleich hineinge­kuckt und die Hauptsache wohl heute schon inne. Das Interessanteste scheint mir: ›Der Romantiker Hülsen‹[S. 48–72] aus dem Ende des Vorigen Jahrhunderts, aus der Fouqué-Zeit, nächst dem Christian Ludwig, dem Va­ter des gegenwärtigen Pastors, wenn auch nur in seiner ersten Eheschlie­ßung mit einer bei der Erstürmung von Oczakow gefangen genommenen jungen Türkin. 65 Schade daß die Nachkommenschaft derselben in der männlichen Linie schon wieder erloschen ist. Was dann aus der zweiten Ehe folgt, Hülsen mit Hülsen, karrt wieder gut und lieb und anständig im herkömmlichen Geleise weiter. Und sicherlich ein Glück so, nicht nur für unserein, der mit seinem Krimstecher auszieht, um nach Apartem zu su­chen. Alles in allem aber ist die ›Chronik‹ doch ein Schatz für mich und ich brauche nur das Alltägliche fallen zu lassen, um schließlich etwas für mei­ne Zwecke höchst Ersprießliches in Händen zu haben.« 66 Fontane fand die Geschichte des Romantikers August Ludwig Hülsen (geb. 3. März 1765 in Aken, gest. 24. September 1809 in Stechow)»das Inte­ressanteste«, weil dieser ab etwa 1789 als Hauslehrer nach Nennhausen kam und, bis zu seinem frühen Tod, eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Frühromantik spielte. Den Kontakt zu den Briests könnte Augusts älte­rer Bruder, Christian Gottfried Hülsen, als Pfarrer in Stechow hergestellt haben. Gegenüber Friedrich Schleiermacher bezeichnet August Hülsen Caroline von Rochow, geborene von Briest, als seine ehemalige Schüle­rin. 67 (1790 hat sie den Fehler begangen, den spielsüchtigen Friedrich ­Rochus von Rochow zu heiraten). In diesen Jahren unterrichtete Hülsen