Heft 
(2018) 105
Seite
102
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102 Fontane Blätter 105 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte auch den pubertierenden Friedrich de la Motte Fouqué in Lenzke bei Fehr­bellin. Nachdem sie sich 1794 über die französische Revolution hoffnungs­los zerstritten hatten, nutzte Hülsen die Abfindung, um Philosophie bei Fichte in Jena zu studieren. Fichte war von ihm begeistert und brachte ihn mit August Wilhelm Schlegel zusammen. 1797 erschien Hülsens Philoso­phische Briefe an Herrn von Briest in Nennhausen. Erster Brief. Über Popu­larität in der Philosophie. Die Einleitung gibt ein schönes Beispiel von sei­ner sokratischen Art zu philosophieren, und wie intensiv seine Verbindung zu Nennhausen und August von Briest gewesen ist. »Unsere philosophischen AbendGespräche, mein verehrter Freund, sind mir immer eine so frohe und angenehme Erinnerung, daß ich ge­wünscht habe, auch Ihnen das Andenken an jene Stunden zu erhalten.« 68 Im Jahr darauf heiratete Hülsen eine seiner früheren Nennhausener Schülerinnen und versuchte mit Fouqués Erlaubnis, ein Erziehungsinstitut in Lenzke aufzubauen. Seine ersten Zöglinge waren Caroline von Rochows Söhne Theodor und Gustav, aber seine Frau starb nach kaum mehr als ei­nem Jahr, und er gab das Projekt wieder auf. Was Hülsens ›Geschichte mit Entsagung‹ zu Innstettens Vorgeschichte macht, geht zum Teil aus der Hülsen-Chronik und zum Teil aus der Be­schäftigung mit den Briests hervor. Laut der Chronik hat sich der verwit­wete Hülsen 1802 mit Friederike von Luck in Nennhausen verlobt, aber ihre Verwandten haben sie dazu überredet, die Verlobung rückgängig zu machen. Fontane wusste aber auch, was aus Friederike wurde: Anderthalb Jahre nach dem Bruch ihrer Verlobung mit Hülsen heiratete sie den seit zwei Jahren verwitweten August von Briest 69 , den letzten seines Stammes. Bezieht man Berthas Frage,»Und nun sage, was that Innstetten, was wur­de aus ihm?«, auf Hülsen, so finden wir einen aktuellen, alle Zweifel 70 aus­räumenden Bericht Fouqués in einem Brief an Caroline, während er Hül­sen zu dessen Freund Berger in Seekamp(Angeln) begleitet: »Wir eilen gleich Verbannten fort in einem furchtbaren Schweigen, welches mir nur selten[...] zu unterbrechen gelingt.[...] Seine Tränen bren­nen mir tief in der Seele. Ich soll Sie alle grüßen, und die Kinder, ach, und die Geliebte, die er um einen Brief nach Seekamp bald, recht bald bittet.[...] Er hat zuweilen himmlische Augenblicke in welchen er sein Schicksal rein und frei anschaut, daß nur eine sanfte Trauer auf seinen Zügen wie ein leiser Schatten liegt. In einem solche sagte ich es ihm, daß Friederikens Bild[...] mitgegeben sei, und es rührte ihn tief aber sanft. Es blitzte ein Funke von Freude in ihm auf. Aber alles geht bald vorüber und die ge­wohnte Nacht umfängt ihn.« 71 Am 20. September 1802 beschrieb August Wilhelm Schlegel die Um­stände des Falles für Ludwig Tieck. Darin erfahren wir Hintergründe über Schlegels Spruch für Fouqué laut Von Zwanzig bis Dreißig»Die Magnet­nadel seiner Natur zeigt nach Norden«, den Fontane dort auf sich selbst