Heft 
(2018) 105
Seite
112
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112 Fontane Blätter 105 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Verwobenheit der drei Stoffe wird im ersten Kapitel versinnbildlicht. Erste Themen für die Stoffe lieferten der Besuch der Bayreuther Festspiele und Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend in Swinemünde. Fontanes Datierung des Gesprächs auf das Frühjahr 1889 hat sich als Ausgangspunkt bewährt, um die Arbeit an Effi Briest nach den Vornamen des Helden zu chronologisieren. Die Aktualität der Funde beim Schreibbe­ginn ermöglicht die Datierung aller Entwürfe und der ältesten Episode des Romans auf den Sommer 1889. Das Bredow-Projekt hat dem Roman uner­lässliche ›Starthilfe‹ bereitet und die Konkurrenz um Fontanes Arbeitszeit verloren. Bis Anfang Oktober muss er die Entscheidung für den Roman gefällt haben, den wir als Effi Briest kennen. 9. Der Psychographie-Vergleich war berechtigt Die Inspiration durch den»Else, komm«-Ruf ist nie bestritten worden. An­ders ist es Fontanes Angaben über das Schreiben von Effi Briest ergangen. Die Interpreten und Biographen haben sie nicht oder nur bedingt gelten lassen wollen. »Vielleicht ist es mir so gelungen, weil ich das ganze träumerisch und fast wie mit einem Psychographen geschrieben habe. Sonst kann ich mich immer der Arbeit, ihrer Mühe, Sorgen und Etappen, erinnern in diesem Falle gar nicht. Es ist so wie von selbst gekommen, ohne rechte Überle­gung und ohne alle Kritik.« 99 »Ich habe das Buch wie mit dem Psychographen geschrieben. Nach­träglich, beim Korrigieren, hat es mir viel Arbeit gemacht, beim ersten Entwurf gar keine. Der alte Witz, daß man Mundstück sei, in das von ir­gendwoher hineingetutet wird, hat doch was für sich und das Durchdrun­gensein davon läßt schließlich nur zwei Gefühle zurück: Bescheidenheit und Dank.« 100 Selbstverständlich spricht man leicht über Dinge, die man längst kennt. Das trifft, wie wir sahen, für die Anfänge von Effi Briest in hohem Maße zu. Die Entwürfe basieren meist auf Oberflächlichkeiten oder Kenntnissen und Erfahrungen tief in Fontanes Erinnerung. Deswegen müssen wir ext­rem nah heran und hinter dem Urtext ermitteln, um die Stoffe zu erkennen, die meist nur stichwortartig im Text stehen. Der Dichter musste sich selbst nicht erklären, was hinter jedem Stichwort steckte. Fontanes außergewöhnliches Finderglück verdankt er neckisch dem personifizierten, dienstfertigen Schicksal. Wohin er sich drehte und ging: immer wieder fand er faszinierendes Material aus verschiedenen Quellen, das er mit Altbekanntem leicht kombinieren konnte. Was Fontanes Formel für seine Kreativität,»Psychographie und Cor­rektur«, betrifft, zeigt die Analyse der Handschrift, dass die Effi Briest-