Heft 
(2018) 105
Seite
140
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140 Fontane Blätter 105 In memoriam Helmuth Nürnberger Mit diesem Engelssturz war auch meine theologische Weiterbildung fürs Erste unterbrochen, ich kann aber versichern, dass ich niemals durchge­gangen wäre.....« Im Archiv-Alltag konnte diese sprachspielerische Disposition von Hel­muth Nürnberger über so manche Klippe helfen. Sein Referat»Der Mann der langen Briefe« und seine Leser. Die Hanser-Ausgabe ist mir in besonde­rer Erinnerung. Das Thema war für ihn mit schmerzlichen Erinnerungen verbunden. Den Vortrag hatte er frei gehalten und hätte wohl gern auf die Schriftform verzichtet. Unterdessen war aber eine Studie von beachtlichem Umfang entstanden, zu der er mir eines Tages unter dem Betreff:»Der Dino, mein Referat« schrieb: »Es tut mir leid, dass ich mein Versprechen[...] erst heute einlöse, aber ich habe mich fortgesetzt noch mit dem Referat geplagt. Hier kommt es nun, es hat sich verändert... Ihre Vorschläge, auch die neuerdings übersandten Dokumente, die mir, zusammengenommen ein weitaus klareres Bild ver­schafften, waren mir sehr nützlich.[...] Insgesamt bin ich sicher, der Text hat gewonnen, aber er ist während dieser Bemühungen nicht kürzer geworden. Nein, er ist eher aufgegangen wie Hefeteig, partiell schön locker, aber...« Nach abermaligen Bemühungen meinerseits hieß es dann:»Alles gut angekommen, melde mich so schnell wie möglich, was nicht am Dino liegt und Ihren dankenswerten Bemühungen, ihn zu zivilisieren. HN« Um schließlich unter dem Betreff»Nürnberger Tand« folgende Wen­dung zu nehmen:»... der Sammelband[...] ginge nun in Druck(ist es mithin wohl noch nicht), da der darin enthaltene Dino, der Ihnen durch seine Wohlbeleibtheit doch eher als eine Zumutung in Erinnerung geblieben ist, eigentlich einen Zwei-Naturen-Dino darstellt, fünf Abschnitte vergleichs­weise sachlicher Erörterung, danach ein sechster voll lausiger Subjektivität [...], wie wäre es, wenn man den Dino dementsprechend kunstgerecht ver­kürzte[...], selbstverständlich noch einmal liebevoll verschönert, etwa unter dem Titel ›Wie es mir mit einem Vortragsangebot des Fontane-Archivs er­ging‹.« Erst als ich meinerseits den»Dino«-Ball aufnahm, wurde Imprima­tur erteilt:»[...] ich denke, wir sollten den Dino,[...] nicht nochmals aus sei­ner Umgebung vertreiben und neu zerlegt einbauen, er würde uns das womöglich übel nehmen und seinen Charme verlieren. Wir sollten den Dino, so wie er ist, in die Welt entlassen. Er spricht jetzt schon selbst und nur noch ganz leise mit Ihrer Stimme. Und: Wir sind wirklich alle sehr froh, dass der Band fertig gesetzt ist!!...« »Sehnsucht nach Prag« als Sehnsucht nach einem anderen Umgang mit den Fährnissen des Lebens, auch dann, wenn sie gelegentlich banal da­herkamen:»Dank für die liebenswürdige Nachfrage, ich kann erst jetzt ant­worten, weil man mir plötzlich ein neues Passwort abverlangte.[...] Jetzt ist es aber merkwürdigerweise geglückt. Gern zitiere ich zuweilen Karel Schwarzenberg, nicht weil ich mich mit ihm vergleichen will, nur weil er so