Heft 
(2018) 105
Seite
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148 Fontane Blätter 105 In memoriam Helmuth Nürnberger grenzenlosen Zurückhaltung gar nicht wahrgenommen, jedenfalls unbe­merkt gelassen, enthielt keinen Hinweis auf Deinen Artikel[] in Deinem de-Gruyter-Band, obwohl ein solcher fällig gewesen wäre, denn der von Dir erwähnte Briefwechsel mit Rodenberg bezüglich Beaumont war mir entgangen und damit ein Glied in meiner Berichtskette. Ich arbeite das also jetzt noch ein, rühme im Geiste Deine Sorgfalt(im Register fehlt allerdings das Stichwort»Die Presse«) und gewinne zuneh­mend den Eindruck, es ist weniger schwierig, bei unserem überforschten Dichter etwas Neues zu entdecken, als alles parat zu haben, was schon ge­wusst wurde. Mit»Neues entdecken« meine ich allerdings nicht solch un­sinnige Begriffsbildungen wie Fontane habe»die literarische Diskursho­heit« über den 70er Krieg innegehabt wie Bismarck die politische. Zugleich nennt der Verfasser den 66er Krieg einen»deutsch-österreichischen Krieg«. Ich hab gar keine parlamentarischen Ausdrücke für solchen Unsinn unser Beirat aber plädiert dafür! Ich danke Dir für Deine Mitteilungen über das Fontane-Forum und auch für Deinen letzten Brief, den ich ursprünglich gleich beantworten wollte, aber nicht beantwortet habe. Du hast es hoffentlich nicht missverstanden. Du sprachest einiges an, worauf ich der Klarheit wegen noch antworten wollte, beispielsweise meinen sogenannten oder wirklichen»Katholizis­mus«, den ich gegen Insider wohl nicht im Ernst verteidigen könnte, Outsi­dern auch nicht genügen würde und jedenfalls schwer verständlich wäre. Die kürzeste Beschreibung müsste wohl lauten:»ich bin ungläubig, aber selbstverständlich katholisch«, ungeachtet seiner unentschuldbaren Laster, die, wie sie in unseren Tagen zum Vorschein kamen, schlimmer sind als ich das je für möglich gehalten hätte, würde ich ihn dennoch nie verleugnen, er gehört zu meiner Existenz. Das hängt sicherlich mit meiner Entwurzelung aus Böhmen zusammen, die ich auch nie ganz aufgearbeitet habe, wohl auch damit, dass ich aus meiner ursprünglichen familiären und privaten Welt, der jetzt fast letzte Überlebende bin, völlig am falschen Ort, dort, wo ich eigentlich nie hinwollte. Insofern ist meine Bindung an die Kirche(die eigentlich fast nur in meinem Kopf existiert), das einzige historische Band überhaupt und als solches, wie ich finde sehr mächtig, tief verwurzelt und auch schön. Ich bin nicht beweglig genug, diese meine Einstellung zu än­dern, will es auch nicht. Ich bin kein»Franzose aus dem Osten«(Roth), ich bin schon eher ein Muschik aus Freienwill. In diesem Sinne herzliche Weihnachtsgrüße Herzlich Helmuth