Heft 
(2018) 106
Seite
18
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18 Fontane Blätter 106 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes ­preußischen Königs und des Prinz­regenten, der später selbst König wurde, gewiss. Nicht nur an Hülsens glanzvolle Stellung und hohe Gönner mochte sich Fontane beim Lesen des Briefes erinnern, den er von diesem erhalten hat­te, sondern auch an seine eigenen Anfänge als Dichter und seinen 20 Jahre später erfolgten Start als Theaterkritiker der Vossischen Zeitung. Am 23. Juli 1851 hatte Fontane seinen Freund Bernhard von Lepel gefragt, ob er Hülsen die Entwürfe für sein Carl-Stuart-Drama einsenden und ihn um ein »perpetuirliches Freibillet« bitten sollte. In einem Brief an Mathilde von Rohr berichtete er am 18. August 1870:»Gestern(im Wilhelm Tell; Hülsen unmittelbar neben mir oder ich neben ihm) hab ich mein neues Amt als Theaterkritiker angetreten.« 9 Schließlich hatte Fontane als Theater-Kriti­ker auch die Interessen des Berliner Zweigvereins der Deutschen Schiller­stiftung zu wahren, den er 1855 selbst mitbegründet hatte, zu dem er als Rütli-Mitglied ein besonders enges Verhältnis unterhielt und für den er später als Vorstandsmitglied über 25 Jahre Mitverantwortung tragen soll­te. Die Denkmalsweihe am 10. November 1871 war eine der glänzendsten Veranstaltungen, die der Berliner Zweigverein in seiner Geschichte mitge­staltete. Der Reinerlös der von Fontane rezensierten Festvorstellung vom 10. November 1871 war für den Berliner Zweigverein bestimmt. Auch zu­künftig war der Zweigverein auf die Gunst des General-Intendanten ange­wiesen. Es kann also nicht überraschen, dass sich Fontanes Antwort vom 21. November 1871 an Botho von Hülsen wie ein kleines diplomatisches Kabi­nettstück liest. Zunächst entschuldigte sich der Rezensent in aller Form bei dem Generalintendanten und versicherte ihn seiner vollkommenen Loyali­tät, ja er erklärte sich zu einem enthusiastischen Sympathisanten(»Cham­pion«) seiner»Verwaltung«, alles natürlich in einem Stil, den er dem mit dem Ehrentitel Exzellenz ausgezeichneten Intendanten schuldig war. Fon­tane versprach darüber hinaus, dass er zukünftig in seinen Kritiken jede Bemerkung unterlassen werde, die bei Hülsen Anstoß erregen mochte, das sei für ihn keine Frage des Gewissens. Zwar nehme er sich heraus, gele­gentlich auch eine abweichende Meinung zu vertreten, er sei schließlich dazu da, Kritik zu üben. Auch halte er die von Hülsen angegriffene Passage seiner Rezension nach wie vor für richtig. Trotzdem bekräftigte Fontane sein devotes Verzichts-Versprechen. Er habe dies»nur zur Wahrung des Prinzips« gesagt, seine Zusagen würden dadurch»in nichts alterirt«. Schließlich insistierte er nochmals auf sein Recht, sich eine eigene Mei­nung zu bilden und diese zu vertreten. Wie man es drehen und wenden mag, mit diesem zwiespältigen, mehr­fach ›halten-zu-Gnaden-haft‹ die Argumentationsrichtung ändernden ­Schreiben hat Fontane einen Weg gefunden, weiteren Verwicklungen aus