Heft 
(2018) 106
Seite
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Hasenfußdiplomatie? Möller 19 dem Weg zu gehen. Den beleidigenden Vorwurf der Inkompetenz regist­rierte er, ohne darauf einzugehen. Auch das eine kluge Volte. Tatsächlich hatte Fontane bereits früher die Verwaltungstätigkeit ­Hülsens lobend erwähnt. In seinem biographischen Beitrag für Lorcks Sammelwerk Männer ­unserer Zeit formulierte er ein abgewogenes Urteil über Hülsen und fand mit seiner positiven Darstellung etwas anderes war in so einem Lexikon­artikel gar nicht denkbar immerhin einen Weg, auf geschickte Weise auch einige öffentliche Kritik-Punkte anzusprechen: »Ob die Berliner Bühne unter seiner nunmehr neunjährigen Leitung an künstlerischem Gehalte eingebüßt und den Vergleich mit früheren Verwal­tungen zu scheuen hat, darüber wird sich erst ein gerechtfertigtes Urtheil abgeben lassen, wenn auch seine Verwaltung der Vergangenheit angehö­ren wird.[] Auch der künstlerische Gehalt der Hülsenschen Verwaltung wird schließlich nicht wesentlich leichter befunden werden, als die Verwal­tung seiner Vorgänger. Gewisse Vorzüge aber liegen schon jetzt klar zu Tage. Sie hängen zum Theil genau mit dem zusammen, was man in frühe­ren Jahren nicht müde geworden ist ihm vorzuwerfen mit seiner militäri­schen Schulung. Er hat dem Schlendrian, dem apathisch-bequemen ›Es war immer so‹ ein Ende gemacht, und hat einen Geist der Ordnung, der Disciplin, der Gerechtigkeit, eine straffere Haltung, die dringend noth that, an die Stelle gesetzt. Außerdem hat er den Beweis geführt, daß auch eine königliche Hofbühne ohne Zuschüsse und Geldopfer bestehen, viel­mehr wie jedes andere gut und verständig geleitete Theater sich selber hal­ten kann.« 10 Als Grundprinzipien der Amts-Verwaltung Hülsens hebt Fontane her­vor: ein»möglichst gutes Ensemble[], Feindschaft dem bloßen Virtuosen­thum,[] Pflege des classischen Repertoires, Förderung der deutschen dra­matischen Dichtkunst, Verbannung des falschen Pathos, Kräftigung der Regie und ihres Ansehens und möglichste Wahrheit und Natürlichkeit in der Darstellung sowohl wie in der Scenirung.« 11 Fontane berief sich also in seiner Ergebenheitsadresse auf sein positi­ves Urteil, das er bereits früher formuliert hatte. Nach 1871 finden sich in Fontanes Rezensionen keine kritischen Äußerungen mehr über den Gene­ralintendanten und seine Amtswaltung, obwohl Fontane keinen Hehl dar­aus machte, dass Tätigkeit und Person Hülsens durchaus in einigen Punk­ten angreifbar waren. Fontane gratulierte artig zu den Jubiläen, Hülsen dankte höflich dafür. Freitickets wurden bereitgelegt. Man bezeugte sich gegenseitig Respekt. Als Paul Schlenther 1883 anlässlich des fünfzigjährigen Dienstju­bi­­läums Hülsens(der Militärdienst wurde einfach zu den Jahren der ­Theaterdirektion hinzugezählt) seine kritische Broschüre Botho von