Fontane in der zeitgenössischen österreichischen Presse Rasch 27 Keine Beachtung fanden in den 1860er Jahren seine englischen und schottischen Reisebücher, die Balladen und seine Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Allerdings berichtete in der Wiener Zeitung vom 30. März 1860 ein Korrespondent aus Berlin ausführlich und sehr wohlwollend über Fontanes England-Vorlesungen, die im Hotel Arnim von Januar bis März 1860 stattgefunden hatten. Schon früh wurde Fontane als Militärhistoriker bemerkt. Seinen Schleswig-Holsteinschen Krieg im Jahre 1864 zeigte 1866 die Wiener Militär-Zeitung an, eine ausführlichere Besprechung brachte die Neue Freie Presse. Die österreichische Militärzeitschrift Die Vedette ging am 10. Dezember 1869 kurz auf Fontanes Deutschen Krieg von 1866 ein und hob vor allem die»prachtvollen Illustrationen« Ludwig Burgers hervor. 3 Eine kurze Anzeige des 1866er Kriegsbuches lieferte am 13. Dezember 1869 auch die Linzer Tages-Post. Die zweite Auflage des großen Werkes empfahl am 20. Dezember 1871 die Neue Freie Presse in ihrer Spalte Vom Weihnachts-Büchermarkte. 4 Fontanes Bücher über seine Erlebnisse in und Reisen durch Frankreich wurden in der Wiener Presse mehrfach besprochen: Der Wiener Kritiker und Journalist Arnold Hilberg schrieb anerkennend 1871 im Neuen Wiener Tagblatt über Kriegsgefangen und 1872 in der Wiener Morgen-Post über Aus den Tagen der Okkupation. Arnold Wellmer besprach ebenso freundlich wie Hilberg beide Werke in der Neuen Freien Presse. Fontanes Der Krieg gegen Frankreich wurde in zwei militärischen Fachorganen positiv rezensiert, 1873 in Streffleur’s österreichischer militärischer Zeitschrift sowie in der Neuen Militär-Zeitung. Danach scheint Fontanes Name, sehen wir von von Thalers Besprechungen ab, in österreichischen Blättern zu verblassen. Immerhin findet sich 1877 noch in der Wiener Abendpost ein begeisterter Beitrag über Fontane als Lyriker und Balladendichter von Hieronymus Lorm – seinerzeit ein bekannter und großer Name der Literatur, dessen Wort weithin Beachtung fand. Fontanes Gesellschaftsromane spielten dagegen in den 1880er Jahren in Österreich offenbar keine Rolle. Lediglich Die Presse brachte 1882 eine absprechende(anonyme) Rezension von L’Adultera, die in Wien damals von Karl Emil Franzos herausgegebene Neue Illustrirte Zeitung eine vergleichsweise belanglose Anzeige von Graf Petöfy. Die 1880er Jahre bieten in der österreichischen Presse kaum Material zum Thema Fontane und sind nach heutigem Wissensstand mit Blick auf seine Rezeption in Österreich unergiebig. Ein Wendepunkt wird erst 1889/90 mit Fontanes 70. Geburtstag erreicht. Wie ließen sich diese bibliographischen Funde und Befunde bewerkstelligen? Möglich wurden sie durch das Internet-Zeitungsportal ANNO – AustriaN Newspapers Online(http://anno.onb.ac.at/) der Österreichischen Nationalbibliothek, das seit 2003 die Retrodigitalisierung historischer Zeitungen und Zeitschriften betreibt und auf seiner Website hunderte von Periodika aus dem Zeitraum 1568–1947 mit über 20 Millionen digitalisierten Seiten(Stand März 2018) als Bilddatei zur Verfügung stellt.
Heft
(2018) 106
Seite
27
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